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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, PL 5 · Bestand · 1828-1980 (Vorakten ab 1819)
Teil von Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg (Archivtektonik)

Zum Bestand: Die Geschichte der Firma Franck reicht von der Gründung der Zichorienfabrik in Vaihingen 1828 bis zum Übergang in die Nestlé Deutschland AG, Frankfurt 1987. Auf eine Beschreibung der Firmengeschichte wurde zugunsten einer im Nachfolgenden angeschlossenen Chronik in tabellarischer Form verzichtet. Die im vorliegenden Findbuch erfassten Akten stammen aus einer Aktenablieferung von 1978. Sie erfolgte anlässlich der Firmation mit der Nestlé Gruppe Deutschland GmbH, Frankfurt (seit 1987 Nestlé Gruppe Deutschland AG) und der Verlegung der Geschäftsleitung der Unifranck Lebensmittelwerke GmbH nach München. 1981 kam es zu einer zweiten Aktenablieferung. Aus dem gleichfalls 1978 abgegebenen und bislang unverzeichneten Bibliotheksschriftgut im Staatsarchiv Ludwigsburg wurden zur Vervollständigung der ungedruckten Firmenchroniken des Bestands PL 5 die gedruckten Firmenchroniken übernommen. Die Gliederung der Akten erfolgte in Anlehnung an den Organisationsplan der Heinrich Franck Söhne Zentralverwaltung von 1919 (PL 5 Bü. 145) sowie die vorgefundenen Altsignaturen. Die anhand des Organisationsplans und der Altsignaturen abzuleitende Registraturordnung, die angelegt war nach Art der hergestellten Produkte, zentraler Anbindung an Ludwigsburg oder Berlin sowie nach dem Ort der Niederlassung, wurde aufgrund der Lückenhaftigkeit der Archivalien (z. T. fehlten Registratursignaturen ganz) sowie wegen des leichteren Zugriffs reduziert auf die Ordnungsmerkmale Sitz und Abteilungszuständigkeit gemäß dem Organisationsplan von 1919. Die hergestellten Produkte als Unterscheidungsmerkmale blieben unberücksichtigt. Zur Geschichte des Firmenarchivs lässt sich nur wenig sagen. Den Zentralen Ludwigsburg und Berlin kam die Hauptbedeutung zu. 1935 wurden die Warenzeichen "aus Sicherheitsgründen" aus den Registraturen in Ludwigsburg und Linz nach Berlin überführt (StAL PL 5 Bü. 145). 1943 bis 1947 erfolgte dann eine großräumige Akten- und Werbemittelüberführung nach Ludwigsburg (StAL PL 5 Bü. 1). Inwieweit und nach welchen Kriterien bis zu den Aktenablieferungen 1978/1981 in das Staatsarchiv Ludwigsburg Kassationen vorgenommen wurden, muss offen bleiben. Dass sie stattgefunden haben, lässt sich anhand der lückenhaften Registratursignaturen schließen. Die Ordnung und Verzeichnung erfolgte durch Frau Dr. Ruth Kappel im Rahmen der praktischen Ausbildung zur Wirtschaftsarchivarin vom Oktober bis Dezember 1991. Die Indizierung und Fertigstellung des Findmittels übernahm Dr. Günter Cordes 1992. Verpackt wurde der Bestand von Bruno Wagner. Die Datenerfassung erfolgte durch Hildegard Aufderklamm. Ludwigsburg, Januar 1992 Ruth Kappel Firmenchronik: 1827 Erste Versuche der Zichorienkaffeeherstellung durch Johann Franck, Inhaber eines Konditorei- und Spezereigeschäfts in Vaihingen/Enz 1828 Errichtung der Zichorienfabrik in Vaihingen/Enz durch Johann Heinrich Franck Errichtung von Filialbetrieben zur Herstellung von Zwischenfabrikaten: - 1832 Darre in Steinbach (heute Wernau, Kreis Esslingen) - 1844 Darre in Großgartach (heute Leingarten, Kreis Heilbronn) - 1851 Darre mit Rösterei und Mühle im Rieter Tal bei Enzweihingen (heute Vaihingen, Kreis Ludwigsburg) - 1855 Darre in Meimsheim (heute Brackenheim, Kreis Heilbronn) Spätere Gründungen mit Güterbahnanschluss: - 1855 Darre in Bretten (Baden) - 1880 Darre in Eppingen (Baden) - 1880 Darre in Marbach/Neckar 1867 Tod des Firmengründers Johann Heinrich Franck 1868 Standortverlagerung von Vaihingen nach Ludwigsburg (direkter Bahnanschluß) 1871 Firmation zur Heinrich Franck Söhne OHG, Ludwigsburg Gründung von Zweigniederlassungen: - 1879 Linz/Donau - 1883 Komotau (heute CR) - 1883 Mailand - 1883 Basel - 1887 Bukarest H. F. S. OHG, seit 1924 AG - 1888 Kaschau (heute CR) - 1892 Agram (heute Zagreb) - 1895 Flushing (bei New York) - 1896 Pardubitz (heute CR) - 1909 Nagykanizsa (Ungarn) - 1910 Skawina bei Krakau (heute Polen) - 1911 Mosonszentjanos (Ungarn) Erwerb der Fabriken und Marktanteile konkurrierender deutscher Kaffeemittelhersteller bis 1928: - 1883 Daniel Voelcker in Lahr/Baden (gegr. 1806) - 1897 Gebrüder Wickert in Durlach - 1899 Ch. Kuntze und Söhne GmbH in Halle a.d. Saale - 1899 Krause und Co. in Nordhausen/Harz - 1900 C. Trampler in Lahr/Baden (gegr. 1793) - 1908 Emil Seelig AG in Heilbronn - 1910 Bethge und Jordan in Magdeburg - 1911 F.F. Resag AG in Köpenick - 1911/12 Spartana-Nährsalz GmbH in Dresden - 1914 G.G. Weiss in Stettin (gegr. 1866) - 1916 Pfeiffer und Diller in Horchheim - 1916 August Schmidt in Hamburg - 1917 Hillmann und Kischner in Breslau - 1917 Richard Porath GmbH in Pyritz - 1920 A.F.W. Röpe (Nachf.) in Hamburg - 1926 J.G. Hauswaldt in Magdeburg - 1928 Georg Josef Scheuer in Fürth (gegr. 1812) 1911 Beteiligung der Heinrich Franck Söhne OHG und der Kathreiner-Malzkaffee-Fabriken, München an der Resag AG Berlin-Köpenick 1913 Gründung der Kornfranck GmbH in Neuss Anschluß von Heinrich Franck Söhne an die Internationale Nahrungs- und Genußmittel AG (INGA) in Schaffhausen 1914 Einrichtung der Verkaufsleitung Nord in Berlin Verlegung des Sitzes der neugegründeten Heinrich Franck Söhne GmbH von Halle nach Berlin Umwandlung der Heinrich Franck Söhne OHG Ludwigsburg in eine GmbH 1918 Ende des 1. Weltkriegs In den Nachfolgestaaten der Donaumonarchie bilden sich eigenständige Franck-Betriebe in Form nationaler Aktiengesellschaften. Gründung der Mitteleuropäischen Landwirtschafts- und Betriebsgesellschaft in Berlin, seit 1928 Großwerther, zur verbesserten Rohstoffversorgung 1920 Gründung der FUNDUS Handelsgesellschaft mbH in Linz unter maßgeblicher Beteiligung von Heinrich Franck und Söhne. FUNDUS nimmt Beraterfunktion gegenüber den Franck-Betrieben der Donaumonarchie ein. 1922 Beitritt der Heinrich Franck Söhne Firmen in Deutschland zur Allgemeinen Nahrungsmittel GmbH (ANGES) in Berlin (nach 1930 Umbenennung in ZIMA Verwaltungs-GmbH, Berlin). Aufgabe der ANGES: Koordination von Beschaffung, Technik, Absatz und Finanzen 1928 Hundertjahrfeier in Ludwigsburg und Halle 1933 Nach der Machtergreifung werden die internationalen Verflechtungen der Wirtschaft zunehmend eingeschränkt. 1939 Ausbruch des 2. Weltkriegs Zunehmender Rohstoffmangel führt zur Annäherung zwischen Heinrich Franck und Söhne sowie der Konkurrenzfirma Kathreiner. 1943 Beginnende Auslagerung der Berliner Verwaltung nach Ludwigsburg 1944 Fusion von Franck und Kathreiner zur Franck und Kathreiner GmbH, Wien 1945 Nach Kriegsende begann der Wiederaufbau in den Westzonen in: - Karlsruhe (gegr. von Kathreiner) - Ludwigsburg (gegr. von Franck) - Neuss (gegr. von Franck) - Regensburg (gegr. von Kathreiner) - Uerdingen (gegr. von Kathreiner) Sitz der Geschäftsleitung wird Ludwigsburg. Die österreichischen Werke Linz und Wien werden verselbständigt. 1964 Durch Eintritt in das Feinkostgeschäft ("Thomy’s") Änderung des Firmennamens in Unifranck Lebensmittelwerke GmbH 1965 Franck ist mit über 70 % an der INGA beteiligt. 1970 Umwandlung der INGA in die Interfranck Holding AG, Zürich 1971 Fusion der Interfranck-Holding AG mit der Ursina AG zur Ursina-Franck AG, Bern 1973 Übernahme des Gesellschaftsvermögens der Ursina-Franck AG durch Nestlé Alimentana AG, Vevey (Schweiz) 1976 Bildung der Allgäuer Alpenmilch-Unifranck-Vertriebsgesellschaft mbH (Allfa), München 1978 Übernahme der Mehrheit des Unifranck-Stammkapitals durch die Allgäuer Alpenmilch AG, München 1978 Verlegung der Unifranck-Hauptverwaltung nach München und Zusammenschluss mit der Allgäuer Alpenmilch AG. In Ludwigsburg verblieb bis heute das einzige Werk, das noch an die traditionsreiche Kaffeemittelproduktion der Firmengründung anknüpfen kann. 1987 Fusion der Nestlé Maggi GmbH und der Allgäuer Alpenmilch AG zur Nestlé Deutschland AG. Die Unifranck Lebensmittelwerke GmbH wurden zum Minderaktionär der Nestle Deutschland AG, Frankfurt. Der Konzernverbund umfasst 23 Fabriken in Deutschland. Organisation der Heinrich Franck Söhne Zentralen ab 1919: 010 Geschäftsführung - Landesausschüsse und Beiräte 014 Leitende Person 020 Zentralabteilung für Organisation 024 Organisation, Zentralbüro 030 Zentralabteilung für allgemeine Verwaltung: 031 Geschäftsbuchführung 032 Geld- und Finanzbuchwesen 034 Lieferbuchhaltung 036 Rechtsabteilung 037 Steuerabteilung 040 Zentralabteilung für kaufmännische Fabrikleitung: 041 Guteinkauf 045 Dauerzeugeinkauf 047 Lagerzeugeinkauf 049 Güterdirektion 050 Zentralabteilung für technische Fabrikleitung: 051 Verarbeitung von Gut und Erzeugung 054 Druckereibüro 055 Technisches Zentralbüro 060 Zentralabteilung für Verkauf: 061 Verkaufszentralbüro 070 Zentralabteilung für soziale Verwaltung: 071 Angestelltenwesen 075 Angestellten-Sozialfürsorge und Geldwesen 076 Allgemeines Arbeiterwesen 080 Zentralabteilung für Kontrollwesen: 081 Betriebsbuchführung 082 Kostenberechnung 088 Sorten-Statistik 089 Frachten und Tarifbüro Posteinlauf der Zentrale Zweighäuser Literatur: 100 Jahre Franck 1828-1928, Ludwigsburg/Berlin, 1928. Wolfgang Schneider: Das Unifranck-Werbemittelarchiv in Ludwigsburg, in: Ludwigsburger Geschichtsblätter, 31/1979, S. 79-83. Die Hauptstadt der Cichoria, Ludwigsburg und die Kaffeemittel-Firma Franck, Katalog zur Ausstellung des Städtischen Museums Ludwigsburg, 1. Dez. 1989 bis 1. Dez. 1990, Ludwigsburg 1979.

Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, E 191 · Bestand · 1816-1971
Teil von Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg (Archivtektonik)
  1. Zur Geschichte der Zentralleitung: Die Gründungsversammlung der Zentralleitung des Wohltätigkeitsvereins fand am 29. Dezember 1816 im alten Schloß in Stuttgart statt. Dazu rief Königin Katharina einen Kreis von angesehenen Männern und Frauen zusammen, um ihren mit Genehmigung ihres Gemahls, König Wilhelms I. entworfenen Plan zu einem "Wohltätigkeitsverein" mitzuteilen. Nach weiteren Versammlungen wurde dann am 6. Jan. 1817 die Zentralleitung des Wohltätigkeitsvereins konstituiert, tags darauf durch königliche Verordnung genehmigt und der erste öffentliche Aufruf zur Bildung von Lokal- und Oberamtsleitungen beschlossen. Die neue Institution erwuchs aus älterer Wurzel. Schon 1805 hatte sich in Stuttgart eine "Privatgesellschaft freiwilliger Armenfreunde" zusammengefunden, die durch öffentliche Speisungen und Arbeitsbeschaffung die Not der Armen in der Stadt lindern wollte. Doch in der Teuerung von 1816/17 reichte ihre Kraft bei weitem nicht aus. Einerseits litt auch die Bevölkerung auf dem flachen Land, andererseits konnte die Gesellschaft selbst in der Stadt Stuttgart ihre selbstgestellte Aufgabe nur unzureichend erfüllen. Die Mitglieder der Zentralleitung wurden von der Königin, nach ihrem Tod vom König berufen und ernannt; sie waren ehrenamtlich tätig und sollten alle Bevölkerungsschichten repräsentieren. Die unmittelbare Leitung hatte sich die Königin vorbehalten; ihr Stellvertreter im Vorsitz und ihr Nachfolger als Präsident der Zentralleitung war Geheimrat August von Hartmann (1819-1847). Die Kanzleiräume wurden vom Staat gestellt und die Berichterstatter und Beamten aus der Staatskasse bezahlt. Die Rechnungsführung unterstand daher staatlicher Kontrolle. Die Zentralleitung war aber keine staatliche Behörde. Als besondere Einrichtung dem König unterstellt, konnte sie - entsprechend dem Wunsch der Königin - dennoch weitreichende Entscheidungen rasch treffen und fand bei deren Durchführung auch die nötige Unterstützung der staatlichen Verwaltungsbehörden. Sie wirkte im Land über die "Bezirkswohltätigkeitsvereine", die in den Oberamtsbezirken aus den Spitzen der kirchlichen und weltlichen Verwaltung gebildet wurden und z.T. auch noch über "Lokalwohltätigkeitsvereine" in einzelnen Städten. In der Stadt Stuttgart übernahm der aus der "Privatgesellschaft" hervorgegangene "Lokalwohltätigkeitverein" die Aufgaben eines Bezirkswohltätigkeitsvereins (s. Bestand F 240/1), während beim Amtsoberamt Stuttgart - wie bei anderen Oberämtern - ein eigener Bezirkswohltätigkeitsverein eingerichtet wurde. Als Maxim für das Wirken der Zentralleitung galt, dass wer nicht arbeitete, auch nicht essen solle (Ausnahme: Arbeitsunfähigkeit). Neben der Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln und Kleidern in Notjahren bildeten infolgedessen der Kampf gegen den Bettel einerseits und die Arbeitsbeschaffung andererseits die Schwerpunkte ihrer Aktivitäten. Zur Anregung der Spartätigkeit erfolgte die Gründung der "Württembergischen Sparkasse in Stuttgart" mit Bekanntmachung vom 12.5.1818, deren Oberaufsicht der Zentralleitung übertragen wurde (s. Bestand E 193). Zur Durchführung staatlicher Aufgaben in der Armen- und Wirtschaftsförderung wurde am 16.5.1818 die "Kgl. Armenkommission" (s. Bestand E 192) als kollegiale Staatsbehörde eingesetzt. Ihr gehörten praktisch nur Mitglieder der Zentralleitung an, sodass eine sehr enge personelle Verzahnung mit dieser gegeben war. Die Zentralleitung wollte nicht nur aktuelle Notstände beseitigen, sondern die Not an der Wurzel fassen. So wurden schon für Kinder Industrie- u. Arbeitsschulen eingerichtet, um durch Stroh- und Holzarbeiten Fleiß und Handfertigkeit zu fördern, der Verwahrlosung vorzubeugen und zu etwas Verdienst zu verhelfen. Im Jahre 1849 existierten solche in 99 Orten Württembergs und beschäftigten 6400 Kinder. Die Berufsausbildung der nächsten Altersstufe wurde mit Lehrgeldbeiträgen gefördert. Für gefährdete Mädchen wurden Rettungshäuser errichtet, Kranke und Schwererziehbare wurden in Anstalten und Heimen gefördert, Gewerbe und Handel mit Darlehen unterstützt. In Zusammenarbeit mit der Zentralstelle für Gewerbe und Handel führte die Zentralleitung (s. Bestand E 170) neue Arbeitszweige in die württembergische Wirtschaft ein und förderte den Absatz ihrer Produkte. Den verarmten Gemeinden wurde seit 1823 mit einem besonderen staatlichen Hilfs- und Verbesserungsplan gezielt geholfen, die Durchführung dieser Maßnahmen oblag der Armenkommission. Zusammenfassend könnte man die Zentralleitung vor allem in den ersten Jahrzehnten ihrer Existenz als "Entwicklungsbehörde" bezeichnen. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts trat langsam die Bekämpfung der Folgen von Naturkatastrophen und Kriegsnotständen, auch die Krankheitsbekämpfung mehr in den Vordergrund der Aktivitäten der Zentralleitung. Die notwendigen Mittel wurden aus Sammlungen und jährlichen Staatsbeiträgen aufgebracht und seit etwa 1895 in einem Notstandsfonds bereitgehalten. In der Krisenzeit während und nach dem 1. Weltkrieg half die Zentralleitung mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln, um der Not zu steuern. Sie war gleichzeitig Geschäftsstelle des Landesausschusses für Kriegsinvalidenfürsorge, der Nationalstiftung für die Hinterbliebenen und der Landesvermittlungsstelle für Heimarbeit an arbeitslose Frauen, organisierte große Geldsammlungen zugunsten der Kinder-, Mittelstands-, Alters- und Heimatnothilfe und leitete die Verteilung von Gaben auswärtiger Hilfswerke in Zusammenarbeit mit den Bezirkswohltätigkeitsvereinen. Daneben führte sie für sozial-karitative Verbände und für landesweite Sammlungen die Geschäfte, insbesondere für den Landesverband für Säuglingsschutz und Jugendfürsorge, den Verein für entlassene Strafgefangene, die Heimatnothilfe, die Künstlerhilfe und übernahm die Aufgaben zahlreicher in der Inflationszeit eingegangener Wohlfahrtsvereine und Stiftungen (s. hierzu die Bestände F 240/1 und F 240/2 sowie PL 408 - PL 411, PL 413, PL 414 und PL 416). Über mehr als ein Jahrhundert hinweg war und blieb die Zentralleitung des Wohltätigkeitsvereins die Schaltstelle der Wohlfahrtspflege in Württemberg. Bei ihr liefen Verbindungen zusammen, von ihr kamen Anregungen. Mit den Anstalten und Vereinen stand die Zentralleitung von jeher in enger Verbindung und hat ihnen ihre besondere Fürsorge zugewandt, indem sie bei zahlreichen Gründungen Anregungen gegeben oder in maßgeblicher Weise mitgewirkt hat. Sie förderte diese durch regelmäßige Beiträge und half durch Beratung, vor allem in finanzieller Hinsicht. Außerdem übte sie die unmittelbare Aufsicht über die Fürsorgeanstalten und die darin untergebrachten Fürsorgezöglinge dem Berichterstatter der Zentralleitung übertragen, der seinerseits diese Anstalten jährlich zu besichtigen und dem Innenministerium Bericht zu erstatten hatte. Weit über den unmittelbaren Wirkungskreis der Zentralleitung hinaus fanden die seit 1848 herausgebrachten "Blätter für Wohltätigkeit in Württemberg", heute "Blätter der Wohlfahrtspflege") Verbreitung. Mit der Ausdehnung der Staatsaufgaben verlor die Zentralleitung jedoch allmählich ihre selbständige Stellung. 1921 wurde sie Anstalt des öffentlichen Rechts, der Aufsicht des Innenministeriums unterstellt und hieß nun "Zentralleitung für Wohltätigkeit". In der NS-Zeit wurde sie unter entsprechender Beschränkung ihres Aufgabenkreises in "Zentralleitung für das Stiftungs- und Anstaltswesen" umbenannt, da die "Nationalsozialistische Volkswohlfahrt" die publikumswirksameren Bereiche, insbesondere die Nothilfe ("Winterhilfswerk") für sich reservierte. Nach dem Ende des 2. Weltkrieg wurde der Aufgabenbereich der Zentralleitung wieder größer und ihr Wirkungsbereich auf den ehem. preußischen Regierungsbezirk Hohenzollern ausgedehnt. Doch ihre frühere Bedeutung konnte sie nicht mehr erlangen. Sie behielt vorläufig die Stellung als Anstalt des öffentlichen Rechts, wurde 1957 zum "Landeswohlfahrtswerk für Baden-Württemberg" in der Form einer Stiftung des bürgerlichen Rechts mit Sitz in Stuttgart, Falkertstr. 29. 2. Zur Geschichte der Registratur: Die erste Kanzlei der Zentralleitung des Wohltätigkeitsvereins wurde im Sommer 1817 im alten Schloß in Stuttgart eingerichtet, am gleichen Ort also, wo am 6. Januar desselben Jahres die konstituierende Sitzung der Zentralleitung stattgefunden hatte. Die Kanzlei, die auch für die Geschäfte der landwirtschaftlichen Zentralstelle zuständig war, wurde von 1817 bis 1857 von Regierungsrat Schmidlin als Sekretär geleitet. 1820 wurden die Kanzleiräume vom Alten Schloß in das Ministerialgebäude der auswärtigen Angelegenheiten verlegt. In allen der Zentralleitung zugewiesenen oder von ihr angemieteten Unterkünften herrschte Platzmangel und schlechte Arbeitsbedingungen, was sich letzten Endes auf die Führung der Registratur ungünstig auswirkte und ständig zu Kompromissen zwang. Schmidlin ließ in den Jahren 1825, 1837 und 1846 Verzeichnisse der in der Registratur der Zentralleitung und der Armenkommission verwahrten Akten anfertigen. Die Akten beider Stellen wurden gemeinsam verwahrt. Die Spezialakten (Aalen bis Welzheim) waren in Fach 1 - 66, die Generalakten in Fach 67 - 84 abgelegt. Das Verzeichnis von 1837 enthält gegenüber demjenigen von 1825, das nur die Generalakten beschreibt, auch eine Auflistung der vorhandenen Spezialakten und im Anhang ein Verzeichnis der im Dezember 1838 von Geh. Rat von Hartmann aus dem Nachlass der Königin Katharina in die Registratur der Zentralleitung übergebenen 15 Aktenfaszikel. Leider ist das Verzeichnis von 1846 nicht mehr vorhanden. Die seit 1817 bestehende Verbindung der Kanzleien der Zentralleitung des Wohltätigkeitsvereins und der Zentralstelle des landwirtschaftlichen Vereins (mit getrennten Registraturen) wurde 1850 mit der Verlegung der letzteren in die Legionskaserne gelöst. Anlässlich der behördeninternen Trennung von Zentralleitung und Armenkommission im Jahre 1855 wurde für diese eine zweite Registratur gebildet; Kopist Rieger teilte mit viel Mühe die Akten auf und ordnete beide Registraturen. Wegen der engen dienstlichen Verflechtung von Zentralleitung und Armenkommission - die Mitglieder der Armenkommission gehörten durchwegs der Zentralleitung an - war jedoch eine strikte Trennung damals (und auch bei der Neuverzeichnung 1977 bis 1979, s. Bestände E 191 und E 192) nicht immer strikt durchzuführen. 1856 erhielt die Zentralleitung andere Kanzleiräume im Gebäude des Kultministeriums, Alter Postplatz 4, zugewiesen, wo sie nun, trotz mehrmaliger Umquartierungsversuche staatlicherseits, bis 1897 verblieb. Kanzlist Keller, Nachfolger von Sekretär Schmidlin in der Kanzlei, erweiterte 1857 zur Unterbringung der rasch anwachsenden Registratur den Schmidlin’schen Aktenplan, wobei insbesondere die bis dahin unter allgemeinen Rubriken vereinigten verschiedenen Materien getrennt wurden. Bei den Spezialakten vermehrten sich dadurch die Fächer 1 - 66 um sechs auf 72, sodass die Generalakten statt der Fächer 67 bis 84 nun auf 73 - 114 verteilt wurden. Anhand eines von Keller um 1860 gefertigten und bis zu Anfang des 20. Jahrhunderts ergänzten Aktenverzeichnisse der Zentralleitung, das die Aktenbetreffe in alphabetischer Reihenfolge mit Fächerbezeichnung angibt, konnten die in verschiedenen Räumen beengt lagernden Akten rasch aufgefunden werden. Eine umfassende Neuorganisation der Registratur unternahm seit 1874 Sekretär Kuhn. Er schied zum einen im Jahre 1877 403 abgeschlossene Aktenfaszikel, vorwiegend Ortsakten, für die Altregistratur aus, zum anderen gliederte er die verbliebenen Registraturakten systematisch unter Weglassung der alten Fächereinteilung. Offensichtlich fand dieser neue Plan wegen chronischen Platzmangels, über den sich das Sekretariat in einer Note vom 10. Dez. 1896 an das Finanzministerium beklagte und um Überlassung neuer Räumlichkeiten bat, keine Verwirklichung. Seit 1897 befanden sich die Diensträume der Zentralleitung in einem zur Legionskaserne gehörigen Gebäude. Infolge des Verkaufs des ganzen Anwesens mussten diese Diensträume 1906 geräumt werden; da kein geeignetes staatliches Gebäude zur Verfügung stand, wurde das Privathaus Furtbachstraße Nr. 16 angemietet. Wohl im Hinblick auf den Bezug des Hauses Furtbachstraße entwarf Sekretär Kuhn um 1903 in abgewandelter Form eine neue Registraturordnung, die auch dann in der Praxis angewandt wurde. Sie gliederte die Registratur nach den 5 Aktenschränken A - E: A Organische Angelegenheiten, B Allgemeine Angelegenheiten (Generalia), C Landesanstalten und Vereine (ausgenommen mit Sitz in Stuttgart), D Orts- und Bezirksangelegenheiten (Spezialia), E Vereine und Anstalten (mit Sitz in Stuttgart). Am 26. Juni 1914 schließlich bezog die Zentralleitung das Haus Falkertstraße 29, das sie aus dem Nachlaß des Geh. Kommerzienrats von Pflaum erworben hatte und ihren Zwecken entsprechend einrichtete. Die neue Unterbringung wirkte sich auf die Registraturverhältnisse insofern günstig aus, als in der Folgezeit umfangreichere Aktenzugänge untergebracht werden konnten. Vor allem handelte es sich dabei um die Akten zahlreicher infolge der Inflation aufgelöster Vereine sowie um Akten aus der Geschäftsführung der Zentralleitung für sozial-karitative Verbände, Ausschüsse und große Hilfsaktionen in den Notjahren zwischen den beiden Weltkriegen. Die Aufbewahrung dieser Aktenbestände erfolgte in loser Verbindung mit den übrigen Akten. Um 1936 wurde für die Akten der NS-Volkswohlfahrt unter Einbeziehung neuerer Akten der Zentralleitung ein vorläufiges Aktenverzeichnis ("Registraturplan") angelegt. Die Aktenzugänge nach 1945 sind den betreffenden Vorakten zugeführt oder als neue Faszikel im Rahmen der vorhandenen Bestandssystematik formiert worden. Archivalische Belege zur Registraturgeschichte s. E 191 Rubr. III 1c Büschel 4532 (Kanzleilokale) und Büschel 4533 (Gerätschaften). 3. Zur Ordnung und Verzeichnung des Bestandes: Die Altakten der Zentralleitung wurden 1968 und 1976 vom Landeswohlfahrtswerk an das Staatsarchiv Ludwigsburg abgegeben. Dabei gelangten 1976 einzelne Bücher und Zeitschriften von vornherein in die Dienstbibliothek des Archivs. Staatsarchivdirektor Dr. Robert Uhland begann ab 1968 mit der Ordnung und Verzeichnung der Akten und Bände, blieb mit dieser Arbeit aber wegen anderer Verpflichtungen schon in den Anfängen stecken. Im Rahmen eines Forschungsauftrags mit der Unterstützung der Stiftung Volkswagenwerk wurde der Bestand dann 1977 - 1979 unter Leitung von Oberstaatsarchivrat Dr. Wolfgang Schmierer von dem wiss. Angestellten Dr. Hans Ewald Kessler unter Mitarbeit der Archivangestellten Erwin Biemann und Helga Hecht geordnet und verzeichnet. Die Abschlussarbeiten, die die Bestandsgliederung und Überarbeitung der Titelaufnahmen umfassen, besorgten 1981 bis 1982 für die Bestandsgruppe A(Akten und Bände) Amtsrat Karl Hofer und für die Bestandsgruppe B (Druckschriften) Archivoberinspektorin Regina Glatzle. Da bei Beginn der Verzeichnung außer einem, vor allem für die älteren Archivalien sehr ungenauen Abgabeverzeichnis keine Findmittel zur Verfügung standen, konnten auch die teilweise noch vorhandenen älteren Registraturangaben nicht verwertet werden. Die alten Registraturverzeichnisse (E 191, Rubr. III 1b Bü 5992 - 5998) wurden erst während der Verzeichnung aufgefunden. Die umfangreichen Akten und Bände wurden im Zuge der Ordnungsarbeit aufgeteilt und provenienzgemäß geschieden in die Bestände E 191 (Zentralleitung des Wohltätigkeitsvereins), E 192 (Armenkommission) und E 193 (Zentralleitung betr. Sparkasse für Württemberg). Die in der Registratur eingesprengten Fremdakten wurden ausgehoben und provenienzgerecht als selbständige Bestände in die entsprechenden Bestandsserien des Staatsarchivs eingegliedert F 240/1 (Lokalwohltätigkeitsverein Stuttgart), F 240/2 (Bezirkswohltätigkeitsverein Cannstatt), PL 408 (Wichernhaus Stuttgart), PL 409 (Verein zur Unterstützung älterer Honoratiorentöchter), PL 410 (Verein für künstliche Glieder), PL 411 (Verein für Arbeiterkolonien), PL 412 (Verein für Volksheilstätten), PL 413 (Landesverband für Säuglingsschutz und Jugendfürsorge), PL 416 (Paulinenverein), PL 417 (Comité zur Beschaffung von Arbeit), PL 418 (Verein für verschämte Hausarme), PL 419 (Ernteverein) und PL 705 (Nachlaß Heller). Alle diese Bestände enthalten Akten von ursprünglich selbständigen Organisationen, die im Laufe der Zeit von der Zentralleitung übernommen wurden. Der Bestand E 193 wurde als eine Aktengruppe, die zwar bei der Zentralleitung entstand, aber ein eigenes abgeschlossenes Arbeitsgebiet betraf, als separierter Aktenbestand geordnet und verzeichnet. 15 Aktenfaszikel stammen aus dem Nachlaß der Königin Katharina und wurden im Jahr 1838 durch Geheimrat v. Hartmann an die Registratur der Zentralleitung übergeben: sie sind in der Mehrzahl in Abschnitt I 3 des Bestandes E 191 eingearbeitet. Eine Liste dieser Akten liegt dem Registraturverzeichnis von 1837 bei. Die Verzeichnung von Bestand E 191 erfolgte in einzelnen zusammenhängenden Gruppen nach numerus currens, wobei die Titelaufnahmen erst nach Abschluss der Verzeichnung sachlich geordnet werden konnten. Nachdem für die Akten der Zentralleitung mehrere Registraturpläne gegolten hatten, auch verschiedene Bestandsgruppen durch diese nicht erfasst waren, wurde der Bestand E 191 nach einer neuen Bestandssystematik unter Berücksichtigung der Geschäftskreise der Zentralleitung und Wahrung alter Registraturstrukturen geordnet. Der Bestand enthält eine große Anzahl von Broschüren, vor allem Jahresberichte und Satzungen von sozial tätigen Anstalten und Vereinen aus dem ganzen deutschsprachigen Gebiet. Soweit diese selbständig gesammelt waren, wurden sie unter der Bestandsabteilung B verzeichnet, weitere liegen in den zugehörigen Akten. Duplikate sowie die Zeitschrift "Blätter für das Armenwesen" bzw. "Blätter der Zentralleitung für Wohltätigkeit in Württemberg", Jahrgänge 1890 - 1891, 1896 bis 1922 und 1925 - 1939 wurden zu einem großen Teil in die Sammlungen (JL 415) bzw. in die Dienstbücherei des Staatsarchivs Ludwigsburg übernommen. Der Bestand E 191 umfasst 7107 Nummern im Umfang von 97 lfd. m. Durch nachträgliches Zusammenfassen von Büscheln sind jedoch 264 Nummern nicht belegt. Ludwigsburg, März 1982 Gez. Dr. Schmierer Nachtrag 2006: Die in den Jahren 2001, 2004 und 2005 vom Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg eingekommenen Unterlagen wurden 2005 in den Bestand eingearbeitet (= E 191 Bü 7445-7499). Ludwigsburg, Juli 2006 W. Schneider Nachtrag 2013: Im Zuge der Verpackung des Bestandes im Jahre 2010 wurden Titelaufnahmen und Archivalieneinheiten systematisch abgeglichen und einige Fehler und Unstimmigkeiten bereinigt. gez. Stephan Molitor