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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Q 1/7 · Fonds · (1626-) 1804, 1822-1917, 1993
Part of Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik)

I. Zur Geschichte der Familie von Linden: Die Familie von Linden stammt ursprünglich aus dem Bistum Lüttich. Als Stammvater gilt ein gewisser Adam van Linter, der urkundlich 1604-1615 erwähnt wird und Gutsbesitzer in Hoeppertingen (belgisch Limburg) war. Sein Sohn Peter, der vermutlich wegen der politischen und religiösen Unruhen im Stammland der Familie Linter nach Franken auswanderte, erwarb um 1650 einen Hof in Habitzheim (Odenwald). Er nahm den Familiennamen "von Linden" an. In Kurmainz stiegen einige Mitglieder der katholischen Familie von Linden zu hohen Ämtern auf: Franz von Linden (1712-1789) war Hofkammerrat und Oberkeller der Kameralverwaltung im Vizedomamt Aschaffenburg, Johann Heinrich Freiherr von Linden (1719-1795) war Geheimer Rat und Direktor der Hofkammer des Kurfürstentums Mainz. Letzterer erhielt auch am 5. November 1780 den Reichsadelsstand und am 7. September 1790 von Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz und von Bayern den Reichsfreiherrnstand verliehen. Franz Damian Freiherr von Linden (1745-1817), ein Enkel von Johann Heinrich Frei-herr von Linden, war Geheimer Rat und später Direktor der Landesregierung des Fürstprimas in Aschaffenburg. Sein zweitältester Sohn Franz Joseph Ignaz war württembergischer Geheimer Legationsrat und Herr auf Nordstetten, Isenburg und Taberwasen. Ein weiterer Enkel des Johann Heinrich Freiherr von Linden, der Jurist Franz Freiherr von Linden (1760-1836), hatte 1796-1806 die Position eines Reichskammergerichtsassessors inne. Nach der Auflösung des Reichskammer-gerichts trat Franz Freiherr von Linden in die Dienste des Königreichs Württemberg. König Friedrich I. von Württemberg berief ihn im Jahre 1807 zum Präsidenten des neugegründeten Katholischen Kirchenrates. 1815 wurde Franz Freiherr von Linden zum württembergischen Bevollmächtigten beim Wiener Kongress, danach zum württembergischen Gesandten beim Bundestag in Frankfurt ernannt. 1817-1831 war er Präsident des Schwarzwaldkreises. Franz Freiherr von Linden ist der Stammvater der VII Linien (Die Zählung der Linien erfolgt nach: Genealogisches Handbuch des Adels Bd. 68 der Gesamtreihe. Freiherrliche Häuser Bd. VII, Limburg/Lahn 1978, S. 196-215; Genealogisches Handbuch des Adels Bd. 109 der Gesamtreihe, Freiherrliche Häuser Bd. XVIII, Limburg/Lahn 1995, S. 356-376; Genealogisches Handbuch des Adels: Der in Bayern immatrikulierte Adel Bd. XXIII, Neustadt/Aisch 2000, S. 351-365.) des Hauses von Linden: Von seinen sieben im folgenden genannten Söhnen stammen diese VII Linien des Hauses ab: Von Edmund (1798-1865) die I. (gräfliche) Linie (Burgberg), von Franz a Paula (1800-1888) die II. (gräfliche) Linie, von Carl (1801-1870) die III. Linie (Hausen) mit dem 1. Ast (in den USA) und dem 2. Ast (Hausen), von Joseph (1804-1895) die IV. Linie (Neunthausen), von Ernst (1806-1885) die V. Linie (Bühl), von Ludwig (1808-1889) die VI. (Schweizer) Linie und von Hugo (1812-1895) die VII. Linie. Im Jahre 1844 wurden Edmund Freiherr von Linden (1798-1865) und sein Vetter Heinrich Freiherr von Linden (1784-1866), der älteste Sohn des bereits erwähnten Damian Franz Freiherr von Linden, in den päpstlichen Grafenstand erhoben. Die Anerkennung der Standeserhöhung für Heinrich erfolgte durch den Großherzog von Hessen-Darmstadt im Jahre 1846. Im selben Jahr erhielt auch Edmund Graf von Linden die württembergische Anerkennung der Standeserhöhung. Im Jahre 1850 wurde der päpstliche Grafenstand auch auf Franz a Paula und die II. Linie ausgedehnt. Die Erhebung in den württembergischen Grafenstand erfolgte im Jahre 1852. Von den genannten VII Linien sind bis auf die III. Linie (Hausen) alle im Mannesstamm erloschen. Die III. Linie teilt sich in einen 1. Ast, dessen Mitglieder in den USA leben, und in den 2. Ast (Hausen). II. Biografische Abrisse zu Hugo und Joseph Freiherr von Linden: Hugo Freiherr von Linden (1854-1936): Dem 2. Ast (Hausen) der III. Linie entstammt auch der Ministerialdirektor Hugo Freiherr von Linden. Er wurde am 1. Februar 1854 in Ludwigsburg als Sohn des Carl Freiherr von Linden (1801-1870) und dessen zweiter Ehefrau Mathilde Freifrau von Linden geb. Gräfin Leutrum von Ertingen (1815-1892) geboren. Hugo Freiherr von Linden studierte nach dem Abitur 1872 an den Universitäten Tübingen, Straßburg und Berlin Jura. Im Jahre 1877 legte er das Staatsexamen ab. Nach Tätigkeiten an verschiedenen Gerichten in Württemberg wurde er 1883 Geheimer Legationssekretär im Württembergischen Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten. Im selben Jahr wurde er zum Kammerjunker des Königs ernannt, womit Ehrendienste bei gesellschaftlichen Veranstaltungen des Hofes verbunden waren. Im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten stieg Hugo Freiherr von Linden im Jahre 1906 bis zum Ministerialdirektor und Leiter der Politischen Abteilung des Ministeriums auf. Im Jahre 1900 arbeitete Hugo Freiherr von Linden den Ehevertrag zwischen Herzog Robert von Württemberg und Erzherzogin Maria Immaculata Raineria von Österreich aus (vgl. Ordnungsnummer 42, Bestellnummer 8). Hugo Freiherr von Linden heiratete 1893 Elisabeth Schenk Freiin von Stauffenberg (1864-1939), die Tochter des Vizepräsidenten des deutschen Reichstages, Franz August Schenk von Stauffenberg. Er ist der Stammvater des 2. Astes (Hausen) der III. Linie (Hausen). Joseph Freiherr von Linden (1804-1895): Joseph Freiherr von Linden entstammt der IV. Linie (Neunthausen). Er wurde am 7. Juni 1804 als Sohn des bereits genannten Reichskammergerichtsassessors Franz Freiherr von Linden (1760-1836) und dessen zweiter Ehefrau Maria Anna von Linden geb. Freiin von Bentzel zu Sternau (1769-1805) in Wetzlar geboren. Kindheit und Jugend verbrachte Joseph Freiherr von Linden in Württemberg, u. a. in Kirchheim, wo er lebenslange Freundschaft mit dem gleichaltrigen Sohn von Ludwig Herzog von Württemberg (1756-1817) und Henriette Herzogin von Württemberg geb. Prinzessin von Nassau-Weilburg (1780-1857), Alexander Herzog von Württemberg (1804-1885), schloss. Zeugnis dieser Freundschaft sind die in diesem Bestand enthaltenen Briefe Herzog Alexanders an Joseph Freiherr von Linden (vgl. Ordnungsnummer 24, Bestellnummer 6). Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Tübingen hielt sich Joseph Freiherr von Linden zusammen mit seinem älteren Bruder Carl in den Jahren 1825 bis 1827 in Frankreich auf, um dort seine Kenntnisse der französischen Sprache und Literatur zu verbessern (vgl. dazu Bestell- und Ordnungsnummern 3 und 4). Danach folgten Tätigkeiten als Richter in verschiedenen württembergischen Städten. 1839-1848 vertrat Joseph Freiherr von Linden die Ritterschaft des Donaukreises in der Zweiten Kammer. Von 1842-1850 war er - wie zuvor sein Vater - Präsident des Katholischen Kirchenrates. Im Revolutionsjahr 1848 wurde Linden zum Innenminister Württembergs ernannt, musste jedoch noch am selben Tag aufgrund der Proteste der Bevölkerung wieder entlassen werden. König Wilhelm I. berief Linden am 1. Juli 1850 wieder zum Innenminister und übergab ihm auch in den Jahren 1850 bis 1851 und 1854 bis 1855 das Amt des württembergischen Außenministers. In dieser Zeit trat von Linden für die Wiederherstellung der alten Verfassung ein, was ihm in liberalen Kreisen den Vorwurf einbrachte, er sei reaktionär. Lindens Leistungen auf wirtschaftlichem Gebiet sind nicht zu unterschätzen: Er förderte die Gründung der Stuttgarter Börse, schuf eine neue Gewerbeordnung und regte die Gründung der Weinbauschule Weinsberg an. Auf dem Felde der Kirchenpolitik trug von Linden wesentlich zum Ausgleich zwischen dem Königreich Württemberg und der katholischen Kirche bei. Nach dem Tode König Wilhelms I. entließ sein Sohn und Nachfolger König Karl am 20. September 1864 von Linden als Minister. In den folgenden Jahren war Joseph Freiherr von Linden als Diplomat Württembergs tätig. 1865 wurde er württembergischer Gesandter in Frankfurt und bei den hessischen Höfen, 1868 Gesandter beim Zollparlament in Berlin. Im Jahre 1870 wurde ihm während des Deutsch-Französischen Krieges das Amt des Präfekten des von den Deutschen besetzten Départements Marne übertragen (vgl. Ordnungsnummern 32 und 34, Bestellnummern 15 und 16). Joseph Freiherr von Linden heiratete im Jahre 1830 Emma Freiin von Koenig-Warthausen (1810-1893). Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor: Richard (1831-1887), der Rittmeister beim württembergischen Militär war (vgl. dazu Ordnungs-nummer 34 und 41, Bestellnummern 15 und 49), Franziska (1833-1919), die 1859 Dr. Fridolin Schinzinger (1827-1865) heiratete (Ordnungsnummern 25, 35 und 36, Bestellnummern 11, 13 und 14), sowie Elise (1836-1914) und Josephine (1838-1881), die beide ledig blieben. Von den übrigen herausragenden Mitgliedern der Familie von Linden, zu denen im vorliegenden Bestand allerdings nur wenig Material (Ordnungsnummer 42, Bestellnummer 8) vorliegt, seien hier noch kurz erwähnt: Karl Graf von Linden (1838-1910), der Gründer des nach ihm benannten Völkerkundemuseums (Lindenmuseum) in Stuttgart, und Marie Gräfin von Linden (1869-1936), die als erste Frau an der Universität Tübingen studiert hatte und die später zur Professorin für Parasitologie an der Universität Bonn ernannt wurde. III. Geschichte, Inhalt und Gliederung des Bestandes: Der vorliegende Bestand vereinigt Unterlagen aus dem Nachlass von Joseph Freiherr von Linden, die im Jahre 1962 von Herrn Regierungsoberinspektor Reginald Mutter (Vgl. hierzu die Überschrift im alten Repertorium zum Bestand Q 1/7), einem Ururenkel von Joseph Freiherr von Linden, dem Hauptstaatsarchiv übergeben wurden. Ein Jahr später hat das Hauptstaatsarchiv diese Archivalien angekauft, die zunächst dem früheren Bestand J 50 (Kleinere Nachlässe) einverleibt wurden. Robert Uhland fertigte im Jahre 1963 ein maschinenschriftliches Findbuch an. Dabei handelt es sich vor allem um das Material, das jetzt im vorliegenden Bestand unter den Nachlässen Joseph Freiherr von Linden, Emma Freifrau von Linden und Franziska Schinzinger aufgeführt wird. Bei der Bildung der Q-Bestände im Jahre 1972 wurde der als Nachlass von Linden bezeichnete Bestand aus dem Bestand J 50 herausgelöst und zu der neugeschaffenen Q 1-Serie (Politische Nachlässe) eingeordnet, wo er die Signatur Q 1/7 erhielt. Der kleine Nachlass bestand nur aus einem Büschel, das mehrere Schriftstücke enthielt, die in dem obengenannten Findbuch aufgeführt wurden. In den 90er Jahren bekam der Bestand Q 1/7 Zuwächse durch Abgaben von privater Seite: Im Jahre 1990 gab Frau E. Niethammer, Kirchheim/Teck, Schriftstücke aus dem Nachlass der evangelischen Pfarrersfamilie Dierlamm als Geschenk an das Hauptstaatsarchiv ab, die zunächst als Büschel 2 dem Bestand Q 1/7 einverleibt wurden. Dabei handelt es sich um die jetzt unter der Rubrik 2 des vorliegenden Bestandes aufgeführten Dokumente (Ordnungsnummern 37 bis 41). Darunter befinden sich Visitenkarten und Schreiben von Joseph Freiherr und Emma Freifrau von Linden an Pfarrer Dierlamm (Ordnungsnummer 37, Bestellnummer 45), Billetts von Sara Schinzinger an Pfarrer Dierlamm (Ordnungsnummer 40, Bestellnummer 47) und mehrere Leichenpredigten für Mitglieder des Hauses von Linden (Ordnungsnummer 41, Bestellnummer 49). Franz-Karl Freiherr von Linden verkaufte im Jahre 1992 dem Hauptstaatsarchiv weiteres Material zur Familiengeschichte von Linden. Darunter sind Unterlagen aus dem Nachlass seines Großvaters Hugo Freiherr von Linden (Ordnungsnummern 7-23) und Bilder, v. a. von Mitgliedern des Hauses Württemberg (Rubrik 3.2, Ordnungsnummern 43-48). Diese Dokumente erhielten zunächst die Büschelnummer 3 im Bestand Q 1/7. Außerdem hat Franz-Karl Freiherr von Linden eine von ihm zusammengestellte umfangreiche Materialsammlung zur Familiengeschichte von Linden, die Fotokopien von Literatur und Abschriften bzw. Fotokopien von Archivalien zur Familie von Linden enthält, an das Hauptstaatsarchiv abgegeben. Diese Unterlagen erhielten vorläufig die Büschelnummer 4 im Bestand Q 1/7. Schließlich hat Franz-Karl Freiherr von Linden im Jahre 1993 von ihm verfasste Zeitungsartikel über die Entstehung der Insel Surtsey vor der Küste Islands dem Hauptstaatsarchiv übereignet, die zunächst als Büschel 5 in den Bestand Q 1/7 eingeordnet wurden. Sie finden sich jetzt unter der Ordnungsnummer 49 (Bestellnummer 7). Die von Franz-Karl Freiherr von Linden im Jahre 1992 als Depositum unter Eigentumsvorbehalt an das Hauptstaatsarchiv abgegebenen Tagebücher 1870-1935 seines Großvaters Hugo Freiherr von Linden wurden dagegen im Jahre 1995 wieder an den Eigentümer zurückgegeben. (Vgl. Tgb.-Nr. 4143/1993 und Tgb.-Nr. 2918/1995) Im Zuge der Verzeichnung erhielt der Bestand ferner Zuwachs aus dem Bestand J 53 (Familienpapiere württembergischer Beamter). Die unter der Signatur J 53/10 verwahrten Auszüge aus Familienregistern betreffend Julius Graf von Linden und Loring Graf von Linden (Ordnungsnummern 5 und 6, Bestellnummern 50 und 19) und Schriftstücke zum Verkauf des Rittergutes Nordstetten an den Revierförster von Fischer-Weikersthal (Ordnungsnummer 1, Bestellnummer 17) wurden ebenso in den vorliegenden Bestand eingeordnet. : Auf welche Weise und wann diese Dokumente in das Hauptstaatsarchiv gelangten, lässt sich leider nicht mehr feststellen. Wie oben bereits mehrfach erwähnt, umfasst der heutige Bestand Q 1/7 neben dem Nachlass des württembergischen Staatsministers Joseph Freiherr von Linden mehrere weitere Nachlässe von Mitgliedern des Hauses Linden und Sammlungen bzw. Dokumente zur Familiengeschichte von Linden. Daher wurde die bisherige Bestandsbezeichnung "Nachlass Joseph Freiherr von Linden" zur Bestandsbezeichnung "Familienunterlagen von Linden" erweitert. Von einem Familienarchiv kann angesichts des geringen Umfanges des Bestandes und der Unvollständigkeit des Bestandes jedoch nicht gesprochen werden. Auch fehlen etwa Materialien zu verschiedenen Mitgliedern und Linien der Familie von Linden völlig oder fast völlig: So sind keine originalen Archivalien zu den Mitgliedern der Familie von Linden zu erwarten, die sich in Diensten des Kurfürstentums Mainz, des Fürstprimas und des Großherzogs von Hessen befanden (v. a. Johann Heinrich von Linden, Damian Franz Freiherr von Linden, Heinrich Graf von Linden). Auch zu den auf die Söhne von Franz Freiherr von Linden zurückgehenden Linien sind nur vereinzelt Archivalien vorhanden: Von den I. (gräflichen) und II. (gräflichen) Linien liegen bis auf die Auszüge aus den Familienregistern zu Julius und Loring Graf von Linden (Ordnungsnummern 5 und 6, Bestellnummern 19 und 50) keine Originalunterlagen vor. Ebenso fehlt Schriftgut der V. Linie (Bühl), der VI. (Schweizer) Linie und der VII. Linie. Kleinere Nachlässe sind nur von der III. Linie (Hausen) und der IV. Linie (Neunthausen) im Bestand enthalten, doch handelt es sich bei den Unterlagen aus den Nachlässen von Ministerialdirektor Hugo Freiherr von Linden und Staatsminister Joseph Linden lediglich um Bruchteile der ursprünglichen Nachlässe. Es ist zu vermuten, dass sich von beiden genannten und auch von anderen Mitgliedern der Familie von Linden noch Material im Besitz der Familie befindet. Leider sind auch Teile der archivalischen Überlieferung der Familie von Linden beim Brand der Schlösser Burgberg und Hausen im Zweiten Weltkrieg vernichtet worden. Außer dem persönlichen Schriftgut zu einzelnen Familienmitgliedern fehlen in dem vorliegenden Bestand auch Unterlagen zur Wirtschafts- und Güterverwaltung, Urkunden und Rechnungen, die in einem Adelsarchiv zu erwarten sind. Die Gliederung des Bestandes orientiert sich an der Einteilung der weitverzweigten Adelsfamilie von Linden in die verschiedenen Linien, wie sie im Genealogischen Handbuch des Adels aufgeführt wird. Innerhalb der einzelnen Linien wurden die Nachlässe bzw. Bestände zu den Familienmitgliedern nach dem Geburtsdatum geordnet, so dass die älteren Familienmitglieder vor den jüngeren aufgeführt werden. Die Nachlässe von Franz Joseph Ignaz Freiherr von Linden (Rubrik 1.1) und von Franz Freiherr von Linden (Rubrik 1.2) stehen an dem Beginn des Bestandes. Zum letztgenannten Nachlass gehören ein Rechtsgutachten über die Wirkung des Reichsschlusses vom 27. April 1803 auf den kammergerichtlichen Judizialprozess, zwei Schreiben Franz von Lindens an Justizminister Maucler über die Fortschritte bei der Ausbildung der Söhne Carl und Joseph von Linden sowie der teilweise in französischer Sprache geführte Schriftwechsel von Carl und Joseph von Linden während deren Aufenthalt in Frankreich mit ihren Eltern. Der Nachlass des Ministerialdirektors Hugo Freiherr von Linden umfasst mehrere gedruckte Programme und Einladungen zu kulturellen und offiziellen Veranstaltungen, überwiegend in Stuttgart (Rubrik 1.5.1), und Briefe von Mitgliedern des fürstlichen Hauses Wied an Hugo Freiherr von Linden sowie eine Denkschrift von Wilhelm I. Fürst von Albanien Prinz zu Wied (Rubrik 1.5.2). : Rubrik 1.6 bildet den Nachlass des württembergischen Staatsministers Joseph Freiherr von Linden. Er ist der zweitgrößte Nachlass im Bestand Q 1/7. Der Nachlass ist unterteilt in die Rubriken: Familiäre und persönliche Angelegenheiten (1.6.1) mit Unterlagen zu Hochzeiten, Hochzeitsjubiliäen und einer Reisebeschreibung, Korrespondenz (1.6.2) mit Briefen von Mitgliedern des Hauses Württemberg (v. a. Alexander Herzog von Württemberg) an Joseph Freiherr von Linden und vereinzelten Briefen von Familienangehörigen, Tätigkeit als Präfekt des Départements Marne (1.6.3) und Drucksachen über Joseph Freiherr von Linden (1.6.4). Von der Ehefrau von Joseph Freiherr von Linden, Emma Freifrau von Linden, und von der Tochter des Staatsministers, Franziska Freiin von Linden, sind nur sehr kleine Nachlassbestände vorhanden (Rubriken 1.7 und 1.8). Die Materialien aus dem Nachlass der evangelischen Pfarrersfamilie Dierlamm wurden als eigenständiger Komplex (Rubrik 2) belassen. Auf den Inhalt der Rubrik wurde bereits oben eingegangen. Unter der Rubrik 3 finden sich Sammlungen, überwiegend zur Familiengeschichte von Linden: Den Auftakt bildet Rubrik 3.1 mit der bereits erwähnten umfangreichen Materialsammlung zur Familiengeschichte von Linden, die Franz-Karl Freiherr von Linden zusammengestellt und als Fotokopien dem Haus übergeben hat. Rubrik 3.2 beinhaltet Fotos von Mitgliedern des Hauses Württemberg, von Joseph Freiherr von Linden und von anderen Persönlichkeiten der württembergischen Geschichte; die Rubriken 3.3 und 3.4 enthalten Zeitungsartikel von Franz-Karl Freiherr von Linden und eine Haarlocke von Joseph Freiherr von Linden. Weitere Archivalien zu Joseph Freiherr von Linden verwahrt das Hauptstaatsarchiv im Bestand J 1 (Sammlung historischer Handschriften) Nr. 256 b: Joseph Freiherr von Linden: "Aus meiner politischen Laufbahn" 1830-1862, Teil 2 der von Linden um 1890 der Enkelin Sara Schinzinger diktierten Erinnerungen. Das in J 1 verwahrte Exemplar ist eine Abschrift, für die Professor Schinzinger aus Hohenheim, ein Enkel des Staatsministers von Linden, im Jahre 1925 dem Archiv das Original ausgeliehen hat. Ein Tagebuch von Joseph Freiherr von Linden, das sich im Besitz von Herrn Dr. Günther-Otto Maus in Baesweiler, einem direkten Nachfahren von Joseph Freiherr von Linden, befand, wurde im Jahre 1977 verfilmt und wird jetzt unter der Signatur F 554 im Bestand J 383 (Mikrofilme und Handschriften in auswärtigen Archiven, Bibliotheken) im Hauptstaatsarchiv verwahrt. Im Januar 2015 wurde von Günther-Otto Maus das Original des Tagebuchs gekauft und befindet sich nun im Bestand unter der Signatur Q 1/7 Bü 51. Ein Verzeichnis des Archivs der Freiherren von Linden in Neunthausen, das in den Jahren 1892/1893 erstellt worden ist, befindet sich im Bestand J 424 (Inventare nichtstaatlicher Archive: Pflegeraufnahmen). Außerdem sei noch kurz auf die E-Bestände (Ministerialbestände), in denen umfangreiches Material zum Wirken des Staatsministers Joseph Freiherr von Linden und von Ministerialdirektor Hugo Freiherr von Linden verwahrt wird, verwiesen. Der Bestand Q 1/7 kann zu unterschiedlichen Forschungszwecken herangezogen werden: Zuerst natürlich zur Geschichte der Familie von Linden, zur Adels-, Mentalitäts-, Sozial- und Kulturgeschichte, schließlich auch zur Geschichte der deutschen Besatzung in Frankreich während des Krieges 1870/1871. Der Bestand Q 1/7 wurde im Jahre 2001 von den Archivinspektoranwärtern Alexander Morlok, Matthias Schönthaler und Jens Ulrich unter der Aufsicht des Unterzeichneten erschlossen. Die Endredaktion, Eingabe und Klassifikation der Titelaufnahmen, die Einleitung sowie die Erstellung des Gesamtindex oblagen dem Unterzeichneten. Der Bestand umfasst 0,5 lfd.m. Literatur über die Familie von Linden und einzelne Familienmitglieder:: Genealogisches Handbuch des Adels: Adelslexikon Band VII. 1989. S. 394f. Genealogisches Handbuch des Adels: Band 68. Freiherrliche Häuser Band VII (1978) S. 196-215 und Band XVIII (1995) S. 356-376. Genealogisches Handbuch des Adels: Der in Bayern immatrikulierte Adel Band XXIII. 2000. 351-365. Junginger, Gabriele: Maria Gräfin von Linden. Erinnerungen der ersten Tübinger Studentin. 1991. Koenig-Warthausen, Wilhelm Freiherr von: Josef Freiherr von Linden. Württembergischer Minister des Innern 1804-1895. In: Lebensbilder aus Schwaben und Franken IX S. 218-276. Linden, Franz-Karl Freiherr von: Aus Großvaters Tagebüchern. [Artikel über Hugo Freiherr von Linden (1854-1936)]. In: Schönes Schwaben 1993 Heft 1 S. 78-83. Menges, Franz: Joseph Freiherr von Linden. In: Neue Deutsche Biographie (NDB) Bd. 14 S. 589-590 Moegle-Hofacker, Franz:; Zur Entwicklung des Parlamentarismus in Württemberg. Der "Parlamentarismus der Krone" unter König Wilhelm I. 1981. Schneider, Eugen: Joseph Freiherr von Linden. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB) Bd. 51 S. 719-721. Stöckhardt, E.: Joseph Freiherr von Linden. Königlich württembergischer Staatsminister a. D. Lebenslängliches Mitglied der Württembergischen Kammer der Standesherren. In: Deutsche Adels-Chronik Heft 15 S. 187-190 und Heft 16 S. 215, 216 und 226, 227. Württembergischer Verein für Handelsgeographie, Museum für Länder- und Völkerkunde, Lindenmuseum Stuttgart (Herausgeber): Feier des 50. Vereinsjubiläums. Feier des 100. Geburtstages des Grafen Karl von Linden. 1939.

Gedruckte Karten (Bestand)
  1. Zur Geschichte der Kartensammlung: Das Hohenlohe-Zentralarchiv verwahrt eine bedeutende und umfangreiche Samm-lung gedruckter Karten aus der Zeit des 16. - 19. Jahrhunderts, die in Einzelfällen bis ins 20. Jahrhundert reicht. Die für ein kleineres Archiv ungewöhnliche Menge erklärt sich aus den vielfältigen Aufgaben der hohenlohischen Verwaltungen. Mehr aber noch erklärt sie sich aus den unterschiedlichsten Funktionen und Neigungen von Mitgliedern des Fürstenhauses selbst. Die Karten wurden zu einem Großteil aus militärischen Gründen gesammelt. Etliche Grafen und Fürsten standen in gehobener Position in auswärtigen Militärdiensten, z. B. Graf Philipp von H.-Neuenstein (1550 - 1606) als Feldherr Wilhelm v. Oraniens in niederländischen Diensten, Fürst Heinrich August zu H.-Ingelfingen (1715 - 1796) als Reichsfeldmarschall und Generalfeld-zeugmeister des Fränkischen Reichskreises oder sein Sohn Friedrich Ludwig (1746 - 1818) als preußischer Infanteriegeneral und Gouverneur von Breslau und Bay-reuth. Aber auch zur Sicherung und Klärung von Herrschaftsrechten (z. B. Jagd und Forst) und Territorialansprüchen entstanden Karten bzw. wurden solche gesammelt. Weitere Gründe für die Sammeltätigkeiten waren die geographischen (Reisekarten: "fremde Gegenden"), wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und pädagogischen (Schulkarten) Interessen der Sammler. Diese vielseitigen Interessen erklären auch, warum sich die vorliegenden Karten nicht auf den Raum von Württemberg und Hohenlohe erschöpfen. Nämlich vergleichsweise viele Karten zum deutschen, europäischen und internationalen Bereich sind enthalten. Den Umfang der Sammlung könnte die Beteiligung des Hauses H.-Oehringen (alt) an einem der renommierten Nürnberger Kartenverlage - der "Homännischen Officin" oder den "Homännischen Erben" - positiv begünstigt haben. Gut die Hälfte der Karten stammt aus diesem Verlag. Der zeitliche Schwerpunkt liegt im 18. und beginnen 19. Jahrhundert. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wird die Sammlung erheblich dünner, reicht jedoch mit Einzelexemplaren bis in die 1960er Jahre. Entweder sind Karten seit den 1850er Jahren spärlicher erworben worden oder befinden sich noch in Gebrauch der jeweiligen fürstlichen Verwaltungen. Auch mit Kriegsverlusten oder Verschleiß ist zu rechnen. Die politische Zäsur von 1806 spielt im Zusammenhang mit der Sammeltätigkeit keine entscheidende Rolle. Schon eher die veränderte Aufgabenstellung der fürstlichen Häuser seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Insgesamt dokumentiert der Kartenbestand das breitgefächerte politische und kulturelle Interesse und die Bedeutung des Hauses Hohenlohe während der Zeitspanne, in welcher die Sammlung entstanden ist. Es ist davon auszugehen, daß in verschiedenen hohenlohischen Häusern Kartensammlungen angelegt und auch in den betreffenden Schlössern, meist wohl in der Bibliothek, verwahrt wurden. Mit der Verlagerung aller hohenlohischen Archive nach Neuenstein kamen die gedruckten Karten aus den verschiedenen Schlössern ins Hohenlohe-Zentralarchiv. Hier wurden sie zu einem Bestand gedruckter Karten zusammengezogen. Die Herkunft der Karten wurde als nicht wesentlich angesehen und in der Regel in keinster Weise dokumentiert. Dies muß unmittelbar nach Kriegs-ende erfolgt sein, da 1951 bereits eine listenartige Erfassung des Bestandes vorlag. Im Zuge der Verlagerung der verschiedenen Linienarchive nach Neuenstein kamen nach und nach über 3100 gedruckte Karten zusammen. 2. Zur Geschichte des Bestandes und seiner Bearbeitung: Bei der ersten provisorischen Bearbeitung, der Erstellung einer Liste unter dem fürstlichen Archivrat Karl Schumm 1951, wurden die damals schon mehrheitlich vorhandenen Karten zu einem Gesamtbestand zusammengefügt, wie gesagt ohne Rücksicht auf die Provenienzen und die Eigentumsverhältnisse. Die Bearbeitung erfolgte nach dem Numerus-Currensprinzip. Die Ordnung basierte auf einer alpha-betischen Reihung nach Länder-, Regions- und Ortsnamen und die geographische Einteilung erfolgte nach oberflächlichen Gesichtspunkten. Oft wurden bei der Ordnung Kartenzusammenhänge zerrissen und sogar bestandsfremde - handgezeichnete - Karten in die Liste aufgenommen. Die Signaturvergabe erfolgte nach der geo-graphischen Zuordnung. Die Signatur bestand aus einem Großbuchstaben (W für Weltkarten, E für europäische Karten und D für deutsche Karten) und anschließen-der fortlaufender Nummer. Z. B. hat eine europäischen Karte die Signatur "E 80" oder eine Deutschlandkarte "D 46". Bei Folgen wurden Kleinbuchstaben nach der Zahl hinzugefügt, beispielsweise bei einer Frankreichkarte: "E 206 a - cc". Kriegskarten wurden z.T. mit römischen Ziffern versehen, z. B. eine Karte von Ungarn mit "K X/ 161". Diese Art der Signaturvergabe war für eine angemessene Benutzung wenig sinnvoll. Karten waren oft nur unter großer Mühe zu finden. Eine sorgfältige Neubearbeitung der Kartensammlung war dringend erforderlich, zumal auch etliche nachgetragene gedruckte Karten nicht berücksichtigt waren. Ursprüngliche Provenienzen konnten aber nicht mehr rekonstruiert werden, da jeder Hinweis auf die Herkunft aus den verschiedenen Archiven fehlt. Die Altsignaturen geben, mit Ausnahme einer Gruppe (H.-Kirchberg: "Sch[rank], T[isch] oder F[ach], Sch[ublade]"), keine gesicherte Auskunft über die Provenienz. Die Vorsignaturen wurden wahrscheinlich schon in der Zeit der Kartenanschaffung vergeben. Sie gliedern sich in Gruppen nach einfacher Nummernvergabe ("131", "Nr. 131", "1311/2" oder "Nro 131"), nach Kombinationen mit Groß- und Kleinbuchstaben und Zahlen ("Dd x S.138"), nach Kombinationen mit römischen und arabischen Ziffern und Buchstaben ("II M. 10" oder "605 R. I") oder nach der Lokatur (H.-Kirchberg: "S. 642, T. 2, Sch. 3"). Bei vielen Karten wurden gleich mehrere Signaturen vergeben. Sie deuten auf ältere Beständestrukturen hin. Bei einigen Karten sind gar keine Signaturen vorhanden. Einige wenige Karten und Atlanten, deren Herkunft eindeutig zu bestimmen war, wurden aus besitzrechtlichen Gründen aus dem Bestand herausgezogen und in die betreffenden Linienarchive zurückgeordnet. Der Hauptteil der Karten ist vermutlich h.-kirchbergischer Herkunft, angereichert mit einer erheblichen Anzahl von Karten des niederländisch/belgischen Bereichs aus wahrscheinlich württemberg-neuenstädtischem Besitz (h.-kirchbergisches Erbe). Der nicht näher zu bestimmende Rest der Karten verteilt sich auf die verschiedenen anderen Linienarchive. Bei der Bearbeitung wurde zuerst der Bestand gesichtet, der vor der Verzeichnung aus etwa 22 Schubladen, 92 Kartons/Boxen mit ca. 31/2 lfd. Regalmetern, 59 gerollten Karten, 38 Bänden und Heften und 4 Mappen bestand. Aus arbeitstechnischen Gründen wurden zunächst die Karten aus den Schrankschubladen, anschließend diejenigen in Kartons oder Boxen verwahrten Stücke und zuletzt die Bände in den Regalen nach dem im Numerus-Currensprinzip verzeichnet. Dabei fielen auch handgezeichnete Karten, Bilder, Baupläne und gedruckte Karten aus den Archiven Langenburg, Waldenburg und Öhringen auf. Sie wurden separiert und für eine spätere Bestandsbildung resp. Ergänzung des Bestands der handgezeichneten Karten verzeichnet. Bei den restlichen noch aufgefundenen gedruckten Karten im Hohenlohe-Zentralarchiv handelt es sich, von einer kleinen Gruppe von Atlanten und Militärkarten abgesehen, hauptsächlich um Flur-, Forst- und Vermessungskarten aus den Archiven Langenburg, Waldenburg und Öhringen. Auch sie wurden nicht in den Be-stand der gedruckten Karten einger eiht, sondern für eigene Bestände vorbereitet. Nach der Verzeichnung sämtlicher Karten war eine Klassifikation für den Bestand zu bilden. Aus praktischen Erwägungen und um Benutzern den Zugang zu erleichtern erfolgte die Gliederung hauptsächlich nach geographischen Gesichtspunkten. Eine Ordnung nach Sachthemen hätte wegen des Umfangs und der Art der Karten zu größerer Undurchsichtigkeit geführt. Der Kartenbestand ist in dreizehn Rubriken aufgeteilt. Es wird dabei von der Groß- zur Kleinräumigkeit vorgeschritten: Welt; Kontinente ohne Europa, mit Unterpunkten Afrika, Amerika, Asien und Australien/Ozeanien; Europa, mit Unterteilung in einzelne, nichtdeutsche Länder; und der Bereich Deutschland und ehemaliges Deutsches Reich, mit Unterteilung in einzelne Territorien und Regionen. Unter die Rubriken 7 bis 13 fallen die Karten, die sich nicht eindeutig geographisch zuordnen lassen (länderübergreifende Kriegsschauplätze), Spezialgebiete behandeln (Flurkarten, Stadtpläne, Kanäle, Naturphänomene) oder unter die Sparte Sonstiges fallen. Bei der Klassifikation mußten Kompromisse eingegangen werden, um den Bestand nach modernen geographischen Gesichtspunkten zu ordnen. Die Eingruppierung in Welt- und Kontinentalkarten konnte mit Ausnahme eines Rußlandatlas mit europäi-schen und chinesischen Gebieten [Nr. 7] ohne Komplikationen vorgenommen wer-den konnte. Die Einordnung in den Kontinent Europa und in europäische Länder war schwieriger. Zwei Problemkreise standen einer einfachen, einheitlichen Bearbeitung entgegen. Einerseits die Eingruppierung raum- und länderübergreifender Karten oder von Karten mit zwei oder mehreren unterschiedlichen Darstellungen auf einem Blatt, andererseits die Zuordnung von Karten mit veränderten historischen Räumen. Problemlos war wieder die Einordnung von Kartenblättern mit mehreren Darstellun-gen. Sie wurden nach dem größeren geographischen Bereich sortiert. Eine Karte mit der Darstellung Europas auf der Vorderseite und mit Darstellung des Deutschen Reichs auf der Rückseite wurde beispielsweise der Gruppe Europa zugeordnet [Nr. 65]. Problematischer waren die länderübergreifenden Karten. So mußte gleich bei der ersten Sparte der einzelnen europäischen Länder eine Untergruppe "Alpen" gebildet werden. Sie umfaßt die Karten des französisch-italienisch-schweizerischen und des deutsch-schweizerisch-österreichischen Grenzraumes, jedoch ohne die Gruppe der Karten des engeren Raums der schweizerisch-österreichischen Alpen, die den Sparten "Schweiz" und "Österreichische Erblande" zugeordnet wurden. Die Gruppe "Belgien, Niederlande und Luxemburg" passte sowohl von der räumlichen, als auch der historischen Zuordnung nicht einfach in ein vorgegebenes Schema. Der belgisch-luxemburgische Raum wechselte im bearbeiteten Zeitraum, von etwa 1660 bis 1840, mehrfach seine politische Zugehörigkeit: spanische Niederlande bis 1715, dann österreichische Niederlande, in der Revolutionszeit französisch, von 1815 bis 1830 Königreich der Vereinigten Niederlande und erst danach Königreich Belgien. Mit einiger Berechtigung hätten die Karten auch einer Gruppe "Spanien", der Sparte "Deutschland und Mitteleuropa" mit der Untergruppe "Österreichische Erblande" oder "Frankreich" zugeordnet werden können, wenn es nicht Überschneidungen mit dem Raum der engeren Niederlande [Republik der Vereinigten Niederlande, Königreich der Niederlande] gäbe. So konnten die Karten, die den belgischen und niederländischen Raum betreffen, nur zu einer eigenen Gruppe nach modernen geographischen, historisch nicht ganz treffenden Gesichtspunkten formiert werden. Frankreich, das historisch und geographisch eine verhältnismäßig kontinuierliche Entwicklung erlebte, konnte in die Untergruppen Gesamtfrankreich und einzelne Regionen aufgeteilt werden, unter Einbeziehung von Gebieten, deren politische Zu-gehörigkeit nicht ganz eindeutig war und erst später definitiv zu Frankreich gehörten, wie Lothringen, das Elsaß, Korsika, Savoyen und Nizza. Bemerken swert ist bei die-ser Gruppe der erste topographische Atlas Frankreichs [Nr. 138] von Cassini, von dem 108 von insgesamt 175 Blättern im hier verwahrten Exemplar vorliegen. Die Untergruppe "Gebiete Frankreichs" wurde zuerst alphabetisch und danach chronologisch angelegt. Ähnlich verhielt es sich mit dem Gebiet Italiens, das als einheitlicher Raum behandelt und nach modernen politischgeographischen Gesichtspunkten ebenfalls in die Sparten Gesamtitalien und einzelne Territorien aufgeteilt werden konnte, unter Einbeziehung der Inselgruppe Malta. Großräumiger mußte bei den westeuropäischen Gebieten verfahren werden. Sowohl Großbritannien und Irland, als auch Spanien und Portugal mit Gibraltar in ihrer Gesamtdarstellung wurden zumeist auf einem Kartenblatt abgebildet. Daher bot sich eine Einteilung in die Gruppen "Großbritannien und Irland" und "Iberische Halbinsel" an. Der Raum Ost- und Südosteuropa machte Probleme, weil sich die territorialen Zu-gehörigkeiten und Grenzen während des behandelten Zeitraums von ca. 1650 bis 1880 permanent änderten. Aus der zeitweiligen Zugehörigkeit der Herzogtümer Kurland und Livland und der dauernden des Großfürstentums Litauen zum Königreich Polen z. B. wurden die Karten dieses Bereichs zu der Sparte "Polen und baltische Länder" zusammengefügt. Wegen der politischen Veränderungen insbesondere durch die polnischen Teilungen mussten Kompromisse eingegangen werden. So wurde eine Generalsparte "Königreich Polen und Großfürstentum Litauen" gebildet, die den Großraum insgesamt erfasst. Als Rarität wäre die große "Carte de la Pologne" [Nr. 230] aus dem Jahr 1772 von Rizzi-Zannoni zu erwähnen. Um aber den politischen Wechselfällen nach Umfang der Karten gerecht zu werden, wurden zwei weitere Untergruppen gebildet. Die Sparte "baltische Herzogtümer" verband die oben genannten Herzogtümer mit dem ethnisch-geographisch, aber nicht politisch zum polnisch-litauischen Bereich gehörigen Herzogtum Estland. Schwieriger gestaltete sich die Einordnung der Kartengruppe "Königreich Galizien". Aus historischen Gründen hätte man sie auch der Sparte "Österreichische Erblande" unter Inkaufnahme der Zerschneidung des geographischen Zusammenhangs zuschlagen können. Um aber zu einem vernünftigen Kompromiß zu kommen, wurde sie als eigene Gruppe dem polnischen Bereich zugeordnet. Schwieriger war die Behandlung der Karten des Russischen Reichs. Eine Gliederung, die der vorgegebenen Ordnung entsprochen hätte, war nur mit Einschränkung möglich. Rußland, das sich mit weiten Teilen seines Gebiets über Asien erstreckt, hätte genauso gut dieser Sparte zugeordnet wer-den können. Da aber der Schwerpunkt des Landes in Europa lag und liegt, konnte die Gruppe "Rußland" in die Gruppe der europäischen Länder eingegliedert werden. Als fast unlösbare Aufgabe erwies sich die Einordnung der Karten, die das Osmanische Reich [Türkei] und die benachbarten Gebiete umschließen: neben Karten des Osmanischen Reichs, das in einen europäischen und einen asiatischen Teil aufgegliedert war, gibt es in dieser Gruppe eine Anzahl von Kartensätzen, die die rus-sisch-türkisch-österreichischen Kriegsschauplätze des 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts auf dem Balkan und in den nördlichen Schwarzmeergebieten darstellen. Dazu kommen noch Karten mit Überschneidungen der verschiedenen südosteuropäischen Territorien aus dieser Zeit. Um Kartenzusammenhänge nicht zu zerreissen, mussten Kompromisse in diesem Bereich in Kauf genommen werden. So wurde, um den Gesamtbereich abzudecken, eine Sparte "Südosteuropa, Schwarzes Meer und Kleinasien" gebildet, die sich in vier Untergruppen aufteilt: die Gruppe "Balkan und Griechenland" setzt sich aus den verschiedenen südslawischen, rumänischen und griechischen Territorien und aus Donaukarten zusammen, die zweite Gruppe umfaßt "Ungarn (mit Siebenbürgen)"], die dritte Gruppe "Türkei (Osmanisches Reich)" und die vierte Gruppe "Mehrere Länder" [04.11.04.] als Sammelbecken der nicht eindeutig zuzuordnenden Karten, di e sich aus Kartenwerken der Kriegsschauplätze des Balkan und Schwarzmeergebiets und aus Karten der südrussisch-ukrainischen Ströme zusammensetzt. Karten der Krim/Tauriens wurden, wenn sie nicht Teil der Kriegsschauplatzkarten sind, in die Sparte Rußland einge-ordnet. Die nordischen Staaten mit ihren Provinzen konnten dagegen einheitlich in den Großraum "Skandinavien" aufgenommen werden, zumal etliche der Länder auf jeweils einem Blatt abgebildet waren. Ebenso wurde mit der Gruppe "Schweiz" verfah-ren. Dabei konnte der in Einzelkarten aufgesplitterte und einzeln verzeichnete "Atlas Suisse" [Nr. 280] zusammengefügt werden. Etwas leichter fiel die Klassifikation der Karten zu "Deutschland und Mitteleuropa" und zu "Territorien und Teile Deutschlands". Auch hier waren Kompromisse zwischen politisch-geographischer Einordnung und historischer Zugehörigkeit zu machen. Sollten Karten, die heute nichtdeutsche Länder darstellen, in die Gruppe der europäischen Länder eingegliedert werden oder in die den deutschen Territorien? Und sollten Karten z. B. der Reichskreise, die mehrere Territorien abdeckten, als eigene Gruppe formiert werden oder nicht? Die Klassifikation wurde hier primär nach historisch-geographischen Gesichtspunkten vorgenommen, da eine Einteilung unter modernen politischen Aspekten den Kartenaussagen in keiner Weise entsprochen hätte. Bei der Gliederung wurde eine Mischung nach regionalen Räumen und histo-rischen Territorien gewählt, wobei die Karten der Reichskreise in die Sparten der jeweiligen Regionen eingereiht wurden. Die Karten, die der Sparte "Deutschland" zugeordnet sind, decken im wesentlichen das Gebiet des alten Deutschen Reichs ab, z. T. in Ausschnitten (Atlasfragmente), nach relativ klarem Ordnungsmuster, während die Sparte "Territorien Deutschlands" wieder größere Zugeständnisse er-forderte. Die Gliederung der Gruppe "Bayern" gestaltete sich einfach. Sie beinhaltet nur das Gebiet des Herzogtums, Kurfürstentums und des Königreichs Bayern. Hier finden sich die ältesten im Bestand vorhandenen Karten, die "bairischen Landtafeln" von Phillipp Appian aus dem Jahr 1568 [Nr. 379 und 380]. "Böhmen und Mähren" wurde wegen des Umfangs der Karten und der wichtigen Rolle als Territorium des Deut-schen Reichs [Königreich, Kurfürstentum] als eigene Kartengruppe ausgewiesen, mit verschiedenen Atlanten bzw. Kartenwerken von beiden Gebieten. Die Gruppen der "Fränkischen Territorien" und von "Hessen" konnten nach einheitlichen Prinzipien eingereiht werden. Sie enthalten interessante Karten und Kartensätzen der Markgrafschaft Ansbach [Nr. 423 - 428] und zeitgenössische Kartensätzen des Kriegs-schauplatzes Hessen während des Siebenjährigen Kriegs [Nr. 457 und 458] aus dem Jahr 1761. Letztere sind von Carlet de la Rozière, Adjutant des französischen Oberbefehlshabers, Marschall Broglie. Zur besonderen Dokumentation des heimischen Raums wurde eine eigene Kartengruppe "Hohenlohe" herausgehoben und von der Gruppe der fränkischen bzw. südwestdeutschen Karten getrennt. Insbesondere die Landtafeln der Gegenden um Langenburg und Kirchberg aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts [Nr. 472 - 475] und die Gesamtdarstellungen von Hohenlohe von Schapuzet und Hammer aus der zweiten Hälfte des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts [Nr. 477 - 482] wä-ren hervorzuheben. Die Sparte "Norddeutschland" umfaßt alle Karten des niedersächsisch-nordelbischen Raums mit zwei Atlanten von Mecklenburg-Strelitz [Nr. 499] und Mecklenburg-Schwerin [Nr. 501] des Grafen v. Schmettau aus den 1780er Jahren. Bei der Gruppe "Österreichische Erblande" war zu entscheiden, ob man sämtliche Karten der österreichischen Monarchie zusammenfasst oder, wie hier wegen des Umfangs und der Art der Karten, in die einzelnen Teilreiche resp. Erblande aufteilt. In diese Sparte wurden nur Karten des engeren Bereichs [Österreichischer Reichs-kreis, Gebiet des heutigen Österreichs] aufgenommen, mit Ausnahme von Darstel-lungen der Gesamtmonarchie. Er wähnenswert ist der Atlas [Kartenwerk] Tirol von Peter Anich und Blasius Hueber aus dem Jahr 1774 [Nr. 509]. Ähnlich verhielt es sich mit den Karten der preußischen Monarchie. Auch hier mußten die Gruppen ge-teilt werden, um räumliche und kartentechnische Trennungen zu vermeiden. Die Sparte "Pommern" enthält etwa auch Karten mit Darstellungen von Schwedisch-Vorpommern, die Gruppe "Schlesien" erstreckt sich zeitlich von der österreichische Epoche bis zum Ende des Deutschen Reichs, mit einem Atlas [Kartenwerk] der schlesischen Teilfürstentümern aus den 1730er bis 1750er Jahren [Nr. 648, 649 und 658], Kriegskarten der Schlesischen Kriege und Karten, die bis in die 1940er Jahre hineinreichen. Die Hauptgruppe der "Preußischen Staaten" umfasst alle übrigen Karten, von Darstellungen der Gesamtmonarchie bis zu einzelnen Bezirken, mit Kartenwerken von Ost- und Westpreußen [Nr. 548 und 555] und einer "Special-Karte" von Südpreußen des preußischen Hofbaumeisters David Gilly aus den Jah-ren 1802/1803 [Nr. 552 - 554]. Die Bildung der Sparte "Rhein (mit angrenzenden Ländern)" erfolgte unter dem Kompromiß, Flußkarten des Rheins, Karten des Rheingebiets [Ober-, Nieder und Kurrhein] und Kriegskarten, die zwar den Titel Rhein tragen, sich aber über einen weit größeren Bereich erstrecken, in eine faßbare Gruppe zu vereinen. Bei der Bearbeitung konnten auseinandergerissene Kartensätze zusammengefügt werden, wie z. B. die Kriegsschauplatzkarte 1794 von Dewarat [Nr. 605] oder die Stromvermessungskarten des pfalz-bayerischen Oberrheinbauinspektors Wiebeking zu Ende des 18. Jahrhunderts [Nr. 608 und 612]. Der Bereich "Sachsen" war unter klaren Gesichtspunkten gegliedert, unter Einbeziehung der Karten des Obersächsischen Reichskreises (mit preußischen Gebieten) aus Gründen der Einheitlichkeit. Zu nennen sind hier die Kartensätze vom Erzgebirgskreis des preußischen Majors v. Petri [Nr. 630], der Einzeldarstellungen des Obersächsischen Kreises in acht Boxen von Peter Schenk [Nr. 623], der Gesamt-darstellung der Wettiner Lande des Frankfurter Kartographen Johann Wilhelm Abraham Jäger [Nr. 634] und von der Kriegsschauplatzkarte Siebenjähriger Krieg des sächsischen Hauptmanns Backenberg [Nr. 641]. Um der Zäsuren der Jahre 1803, 1806 und 1810 mit ihren politischen und territoria-len Änderungen gerecht zu werden, wurden die Karten des schwäbisch- alemannischen und des heute baden-württembergischen Bereichs zu einer einheitli-chen Gruppe "Südwestdeutschland" zusammengefügt. Erwähnenswert sind die "Charte von Schwaben/Württemberg" [Nr. 681 und 682] von Amann und des Tübin-ger Mathematikers und Astronomen Bohnenberger als erster Versuch der Landes-vermessung, ca. 1796 bis 1810, der "Topographische Atlas des Königreichs Würt-temberg" [Nr. 695 - 697] der Landesaufnahme von 1821 bis 1851 und die Vorläuferkarten des Historischen Atlas von Baden-Württemberg, die "Generalkarte von Württemberg" von Bach [Nr. 707] und "Der deutsche Südwesten am Ende des alten Reiches" [Nr. 714] von Erwin Hölzle, 1938. "Thüringen" konnte einheitlich nach Territorien sortiert werden, die letzte Sparte der "Territorien Deutschlands", die Gruppe "Westfalen", wurde wieder nach Kompromißgesichtspunkten gebildet, da der Darstellungsbereich häufig über den genannten Raum des Titels hinausging, wie bei den Kriegskarten von Dezauche, 1797 [Nr. 743] und von le Coq, 1804 [Nr. 744]. Der Rest der Karten verteilt sich auf die Sparten 7 bis 13. In die Gruppe der "länderübergreifenden Kriegsschauplätze" wurden alle die Kriegskarten eingeordnet, die keinem festen geographischen Raum zuzuordnen sind, wie die Karten zum Sie-benjährigen Krieg, mit allen Schlachtfeldern und Kriegsschauplätzen, des preußischen Oberst Friedrich Wilhelm v. Baur [Nr. 747 - 749] und des Premierleutnants J. v. Saint Paul [Nr. 763] oder der Atlas der Revolutionskriege [Nr. 760] des Schweizer Generals in französischen und russischen Diensten, Baron Henri v. Jomini. Die sich im Bestand befindlichen Flurkar ten wurden aus Bestimmungs- und Provenienzgründen nicht der allgemeinen Flurkartensammlung zugeordnet, sondern bilden eine eigene Gruppe. "Stadtpläne", "Kanalbauten", wie der alte Rhein-Main-Donau-Kanal, "Naturphänomene", wie die Sonnenfinsternis von 1706, "Statistiken" und "Sonstiges", mit Kupferdruckplatten zu den hohenlohischen Landtafeln [Nr. 853: zu Nr. 473 - 475] und der Hohenlohekarte von C. F. Hammer [Nr. 860: zu Nr. 481] bildeten den Abschluß des Bestandes. Die endgültigen Signaturen sind nach folgenden Kriterien vergeben worden: mit einfacher Nummernvergabe, bei Kartensätzen mit Folgekarten mit Schrägstrich nach der Signatur, wie z. B. "208/1" oder "229/1 - 4" und bei Doppel- oder Mehrfachüber-lieferungen mit Angabe der Exemplare, wie z. B. die Karte von Weikersheim "476 (4 Exemplare)". Die Art der Lagerung orientiert sich nach den Gegebenheiten der Kar-ten. Vier Lagerungsarten kommen vor. Sie sind jeweils an der Signatur erkennbar: die gewöhnliche Planlagerung in Schubladen ist nicht besonders hervorgehoben. Sodann gibt es gerollte Karte ["(gerollt)"] und Regallagerung von Bänden oder Heften ["(Band)"] und von Karten in Boxen ["(Karton)"]. Kombinationen zwischen Lagerungsart und Kartenfolgen in den Signaturen kommen häufig vor, wie z. B. "296/1 (2 Exemplare)" oder "209/1 - 4 (Karton)". Die Verzeichnungsweise erfolgte dem historischen Wert der Karten entsprechend vergleichsweise intensiv. Die Titelaufnahmen enthalten in der Regel die folgenden Angaben. Der Titel ist in der Regel im Originalwortlaut übernommen, bei Überlänge in gekürzter Form. Bei Fehlen eines Titels wurde eine eigene Version erstellt, die Thema und Bereich der Karte beschreibt. Bei nichtdeutschen, altertümlichen oder von der Darstellung abweichenden Titeln wird in eckigen Klammern [ ] die deutsche oder heute übliche Schreibweise übernommen. Der Bereich der Kartendarstellung ist nach drei Mustern beschrieben: Abschnitte beziehen sich auf den Kartenrand (links-rechts, oben-unten), Ausschnitte auf markante Eckpunkte und Orte am Kartenrand und Be-reiche auf gedachte Radien von markanten Punkten oder Orten aus. Bei einigen Karten wird noch die Art ihrer Zugehörigkeit zu Kartenfolgen in den Titel aufgenommen. Die Kartographen wurden, wenn auf der Karte vermerkt, mit ihrer Berufsbezeichnung bzw. Funktion als Verfasser/Kartographen, Verleger, Herausgeber, Zeichner, Kup-ferstecher, Texter, Drucker usw. angegeben. Bei der Beschreibung der Kartenausführung wird, wenn angegeben, die Auflage, die Exemplarnummer (bei Mehrfachexemplaren), der Kartentyp (Druck, Lithographie oder [Kupfer]Stich) und die Art der Kolorierung genannt, wobei die Karten in der Mehrheit nur teilkoloriert sind. Grenzlinien wurden in verschiedenen Farben, bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit der Hand eingefärbt. Die im Titel angegebenen Be-reiche und Territorien sind flächig, Orte in der Regel rot oder orange koloriert, die Randbereiche der Karte blieben überwiegend unkoloriert. Der Maßstab wurde bei fast allen Karten - auch ohne ursprüngliche Maßstabsanga-be - in das heute übliche metrische Bruchsystem umgerechnet, ausgenommen Son-derkarten und Atlanten mit sehr unterschiedlichen Karten. Erscheinungsort und -jahr sind generell aufgenommen, in etlichen Fällen mit Mehr-fachnennung; bei unsicherer Zuordnung wird der Entstehungsort in eckigen Klammern, bei fehlender Zeitangabe wird der vermutete Zeitraum ([um...] oder [nach...]) ebenfalls in eckigen Klammern angegeben. Die alten Signaturen wurden, soweit verifizierbar, alle in der Reihenfolge aufgenommen, wobei die Signaturen, die Karl Schumm in seiner Liste aufgenommen hat, als letzte genannt sind. In der formalen Beschreibung wird auf die ursprüngliche Lagerung (gefaltet, gerollt) verwiesen. Die Kartenmaße (Breite x Höhe) beziehen sich auf die eigentliche Kartendarstellung, die Maße des Blattschnitts (Außenrahmen) sind in Klammern wiedergegeben. Der kartographische Typ wird in drei Kateg orien (thematische, topographische oder physische Karte) eingeteilt. Wobei Karten mit der Entstehungszeit vor Beginn des 19. Jahrhunderts oft nicht eindeutig zuzuordnen und zur besseren Kenntlichmachung in Mischformen angegeben sind. Anschließend folgen grundlegende Angaben zur Kartendarstellung, wie z. B. zum Verkehrsnetz, der Topogra-phie, zur Siedlungsform, zur politischen Einteilung oder zum Kriegsgeschehen bei Militärkarten. Bei Kartensätzen oder -werken wird der Haupttitel genannt, die Blattnummer, soweit aufgeführt, und die Funktion der Karte (Titel- oder Folgeblatt). Zuletzt wird der Verwendungszweck der Karte angegeben, z. B. als politische, Militär-, Schul- oder Verkehrskarte. In den Bemerkungen wurden der oder die ursprünglichen Maßstäbe, die Einteilung nach Längen- und Breitengraden, soweit sie vorhanden waren, oder das Meridiangitternetz genannt, in der Regel der hier als "alter Pariser Meridian" (1613 in Paris festgelegt, mit Nullmeridian durch die Insel Ferro = Hierro/Kanaren) bezeichnete Meridian. Bei Abweichung von der sonst üblichen Nordung der Karte wurde die ent-sprechende Ausrichtung nach der Himmelsrichtung eigens erwähnt. Sonstige auffal-lende Elemente der Kartendarstellung, wie z. B. die künstlerische Ausgestaltung der Titel-, Skalen- oder Widmungsschablonen in allegorischer Form, die Angaben von Truppenstellungen oder Belagerungsringen, von Wappendarstellungen, Erläuterungen, Widmungen, genauere Angaben zur politischen Einteilung, handschriftliche Vermerke und andere Besonderheiten wurden am Ende der Verzeichnung aufgenommen. Die endgültige Erschließung und Bildung des vorliegenden Bestands durch den Unterzeichnenden erfolgte im Rahmen des von der Kulturgutstiftung geförderten Projekts "Erschließung der gedruckten Karten des Hohenlohe-Zentralarchivs" in der Zeit vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2000. Der Bestand, der die Bezeichnung "Hohenlohe Zentralarchiv: Gedruckte Karten" erhielt, umfasst 1382 Titelaufnahmen für ca. 3060 Karten in 33 Schubladen, 59 gerollte Karten, 92 Karten in Boxen/Kartons und 38 Bände (ca. 4,5 lfd. Regalmeter). Eine ergänzende Benutzung der Kartenbestände der Linienarchive des Bestands der handgezeichneten Karten des Hohenlohe-Zentralarchivs ist unter Umständen sinnvoll. 3. Erläuterung zum Aufbau der Titelaufnahmen: Alle Karten werden im vorliegenden Findbuch nach folgendem Schema in der angegebenen Reihenfolge beschrieben: Bestellsignatur - Ordnungsnummer Titel der Karte (als Zitat) oder Angabe des Karteninhaltes Karthograph und sonstige an der Entstehung der Karte beteiligten Personen Entstehungsstufe, Auflage, Ausführung der Karte Maßstab Entstehnungsort weitere formale Beschreibung Bemerkungen Vorsignaturen Entstehungzeit
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Q 1/18 · Fonds · (1847-) 1870-1926 (-1965)
Part of Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik)
  1. Zur Person Weizsäckers: Lebensdaten und berufliche Laufbahn: 1853 Februar 25 Geboren als Sohn des Hofkaplans Karl Weizsäcker (1822 - 1899) in Stuttgart 1861 Vater Karl Weizsäcker Professor der Theologie an der Universität Tübingen (1889) Kanzler) 1870/71 Teilnahme am Feldzug gegen Frankreich 1876 Erste höhere Dienstprüfung für den Justizdienst 1877 Zweite höhere Dienstprüfung für den Justizdienst 1877 November 15 Hilfsrichter beim Stadtgericht Stuttgart 1879 Januar 24 Justizassessor beim Oberamtsgericht Calw (unter Verbleib an der bisherigen Stelle) 1879 März 18 Promotion zum Dr. jur. 1879 Juli 8 Vermählung mit Paula von Meibom, Tochter des späteren Reichsgerichtsrats Victor von Meibom 1879 Oktober 1 Amtsrichter beim Amtsgericht für den Stadtdirektionsbezirk Stuttgart 1882 November 1 Hilfsrichter beim Landgericht Stuttgart 1883 Juli 19 Justizministerialsekretär mit Titel und Rang eines Landrichters 1885 November 6 Landrichter in Ulm, Hilfsarbeiter beim Justizministerium 1886 September 27Funktionierender Kanzleidirektor des Justizministeriums 1887 März 3 Titel und Rang eines Landgerichtsrates 1889 Dezember 27 Landgerichtsrat in Hall, Vortragender Rat des Justizministeriums 1892 Mai 13 Vortragender Rat beim Justizministerium mit dem Titel "Ministerialrat" 1896 Februar 24 Ritterkreuz des Ordens der Württembergischen Kronen 1897 Februar 24 Titel und Rang eines Ministerialdirektors. Als solcher gehörte er der 4. Rangstufe an, mit der der Personaladel verbunden war. 1899 Februar 24 Ehrenkreuz des Ordens der Württembergischen Krone 1899 Juli 31 Ministerialdirektor beim Justizministerium 1900 April 19 Wirklicher Staatsrat und Chef des Departements des Kirchen- und Schulwesens 1901 Februar 25 Staatsminister des Kirchen- und Schulwesens 1906 Februar 25 Großkreuz des Ordens der Württembergischen Krone 1906 Juni 20 Leitung der Geschäfte des Ministeriums der Auswärtigen Angelegenheiten 1906 Juni 27 Enthebung von der Verwaltung des Ministeriums des Kirchen- und Schulwesens. Staatsminister der Auswärtigen Angelegenheiten, Minister der Familienangelegenheiten des Königlichen Hauses, Ordenskanzler 1906 Dezember 3 Vorsitzender des Staatsministeriums (Ministerpräsident) 1916 Oktober 5 Erhebung in den erblichen Freiherrnstand des Königreichs Württemberg 1918 November 6 Rücktritt der Regierung Weizsäcker 1918 November 8 Entlassung als Präsident des Staatsministeriums und Staatsminister der Auswärtigen Angelegenheiten 1926 Februar 2 Tod in Stuttgart; Beisetzung auf dem Pragfriedhof 2. Zur Geschichte und zum Inhalt des Bestandes: Der Nachlass verblieb nach dem Tode Weiszäckers im Jahre 1926 zunächst in der Wohnung der Witwe in Stuttgart und wurde nach deren Übersiedlung in das 1931 auf der Moozacher Halde bei Lindau erworbenen Haus dorthin verbracht. Am 21. Juni 1975 übereignete Freifrau Marianne von Weizsäcker den Nachlass dem Hauptstaatsarchiv Stuttgart. Nach seiner Neuordnung steht er für wissenschaftliche Forschungen zur Verfügung. Benutzungen für Veröffentlichungen, die sich im besonderen mit dem Wirken des Ministerpräsidenten Karl Freiherr von Weizsäcker befassen und nicht nur gelegentliche Hinweise auf dessen Tätigkeit enthalten, bedürfen der Zustimmung von Professor Carl Friedrich Freiherr von Weizsäcker. Der Nachlass besteht in der Hauptsache aus Handakten Weizsäckers aus seiner Amtszeit als Kultminister, Präsident des Staatsministeriums (Ministerpräsident), Staatsminister der auswärtigen Angelegenheiten und Minister der Familienangelegenheiten des Königlichen Hauses, vermischt mit einzelnen Registraturakten des Staatsministeriums und des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten, ferner aus amtlichen, halbamtlichen und privaten Korrespondenzen sowie aus zahlreichen Zeitungsausschnitten. Dazu kommen Korrespondenzen, Notizen, Unterlagen zu Veröffentlichungen und Zeitungsausschnitte aus seiner Ruhestandszeit. Einige wenige Unterlagen aus dem Nachlass seines Vaters, Professor Karl v. Weizsäcker sind in den Bestand aufgenommen worden (Bü 4) An Fremdprovenienzen enthält der Nachlass Handakten des Ministerpräsidenten v. Breitling (Bü 31), Schreiben an Staatsminister v. Fleischhauer (Bü 80, 86 und 93), Korrespondenzen des Staatsministers der auswärtigen Angelegenheiten Freiherrn Julius v. Soden (Bü 151) und Schreiben Weizsäckers an General Fritz von Graevenitz (Bü 146). Parallelüberlieferung befindet sich vornehmlich in den im Hauptstaatsarchiv liegenden Akten des Königlichen Kabinetts (E 14), des Ministeriums der Auswärtigen Angelegenheiten (E 46 - E 75), des Staatsministeriums (E 130) und des Kriegsministeriums (M 1/2) Hingewiesen sei insbesondere auf folgende Akten: E 14: Königliches Kabinett II Bü 487: Entlassungsgesuch Weizsäckers vom 5. November 1918 E 46: Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten III Bü 1285 - 1300: Handakten von Weizsäcker: Bü 1291: Annahme des Kommandos eines preußischen Armeekorps durch Herzog Albrecht von Württemberg (1905/06) Bü 1292: Aufzeichnungen über eine Unterredung mit dem Staatssekretär des Innern Delbrück in Berlin betreffend die Elsass-lothringische Frage (1910) Bü 1294: Russische Politik (1910) Bü 1295: Thronfolge in Monaco (Herzog Wilhelm von Urach) (1910/12) Bü 1296: Bundesfinanzen, Deckung der Kosten der Wehrvorlage (1912) Bü 1297: Berichte des Württembergischen Militärbevollmächtigten in Berlin betreffend Wehrvorlagen (1912) Bü 1298: Albanische Thronfolge (1912/13) Bü 1299: Bericht von Weizsäckers an den König über Berliner Finanzkonferenzen (1916) E 73: Gesandschaftsakten Verzeichnis 61 Bü 12 e - 12 i: Berichte der Bundesratsbevollmächtigten (1897-1918); Bü 12 g enthält auch Berichte des Militärbevollmächtigten in Berlin (Juli - August 1914) Bür 42 d - 42 e: Berichte der Gesandtschaft München E 74 I: Württembergische Gesandtschaft in Berlin Bü 164 - 168: Politische Berichte 1914 - 1918 E 75: Württembergische Gesandtschaft in München Bü 154 - 156: Berichte des württembergischen Gesandten in München E 130b: Staatsministerium Bü 5860: Handakten von Weizsäckers über den Gesetzentwurf betreffend Änderungen des Beamtengesetzes vom 28. Juni 1876 (1906/07) M 1/2: Sonderakten des Kriegsministers und seines Adjutanten M 660: Nachlass des Fritz von Graevenitz Bedeutung des Nachlasses: Der persönlich-private und vertrauliche Charakter zahlreicher Schriftstücke dieses Nachlasses steuert zum Bild dieser Zeit Nuancen bei, die in den amtlichen Papieren naturgemäß fehlen. Das gilt für Weizsäckers Amtszeit als Kultminister, in der er sich für die Abschaffung der geistlichen Schulaufsicht und für die Verfassungsreform einsetzte, und das trifft noch mehr für die Zeit von 1906 bis 1918 zu, in der er als Präsident des Staatsministeriums die Regierungsgeschäfte leitete und gleichzeitig Staatsminister der Auswärtigen Angelegenheiten war. Die Frage des Verhältnisses Württembergs zum Reich und ganz allgemein des bundesstaatlichen Zusammenwirkens sowie die Ansichten der württembergischen Regierung zur deutschen Außenpolitik vor dem 1. Weltkrieg und vor allem die württembergische Einstellung zur deutschen Politik während des Krieges erhalten durch die Unterlagen dieses Nachlasses schärfere Konturen. In dieser Zeit sind die Korrespondenz mit seinem Freund Alfred von Kiderlen-Waechter, die Berichte der württembergischen Gesandten aus Berlin (v. Varnbüler) und München (v. Moser) sowie die Berichte des württembergischen Militärbevollmächtigten in Berlin bzw. im Großen Hauptquartier (v. Graevenitz) von besonderer Bedeutung. Nachdem die Überlieferung der beiden Gesandtschaften und die Berichte des Militärbevollmächtigten in den amtlichen Akten unvollständig sind - die Unterlagen des Militärbevollmächtigten in Berlin sind zum größten Teil vernichtet -, vermögen die Berichte aus dem Nachlass manche Lücke zu schließen. Inhaltlich sagen diese halbamtlichen, in persönlich-privater Form abgefassten Berichte - v. Graevenitz war Gegenschwieger Weizsäckers und auch v. Varnbüler stand ihm persönlich nahe - wesentlich mehr aus als die amtlichen Berichte dieser württembergischen Diplomaten. 3. Zur Ordnung des Bestands: Weizsäcker ordnete seine Unterlagen nach Sachbetreffen oder nach Personen ohne systematische Gliederung. Nach seinem Tod gingen bei Umlagerungen und wohl auch bei Benutzungen des Nachlasses manche Zusammenhänge verloren. Im Laufe der Zeit wurden verschiedentlich kleinere Ordnungsversuche unternommen, die sich jedoch nur auf einzelne Unterlagen erstreckten. So wurden auf einigen Akten Bewertungsvermerke angebracht, wie: "Mit Ausnahme der Briefe weniger wertvoll" oder "bis auf eventuelle Einzelbriefe wertlos". Weitergehend war eine Ordnung, die mindestens 18 Büschel oder Einzelstücke erfasste und die noch mit folgenden Nummern rekonstruiert werden kann: 1 Lebenserinnerungen 2 3 Brief von Friedrich Großherzog von Baden, 1923 4 Bethmann Hollweg 5 Fritz von Graevenitz (Schreiben an Weizsäcker, 1911-1918) 6 Kiderlen-Waechter 7 Briefe von Adolf Freiherr Marschall von Bieberstein, (1906) 1908 8 Briefe von Moser von Filseck, 1906-1913 9 Brief von Ritter, königlich Bayerischer Gesandter in Stuttgart, 1909 10 Schriftwechsel mit Wilhelm Herzog von Urach, 1906-1924 11 Schriftwechsel mit Königin Charlotte von Württemberg, 1922-1925 12 Philipp Albrecht Herzog von Württemberg, 1914-1924 13 Motivierung der Entlassung des Reichskanzlers Fürst Bülow durch Kaiser Wilhelm II. 14 Kriegsschuldfrage 1925-1926 15 16 17 18a Varnbülerberichte vom 14. Juli 1909 (Daily Telegraph-Affäre) Teile des Nachlasses wurden im Jahr 1965 vom Bundesarchiv verfilmt. Nachdem der Nachlass ins Hauptstaatsarchiv verbracht worden war, wurde er in den Jahren 1975 bis 1979 von Leitendem Staatsarchivdirektor Dr. Eberhard Gönner systematisch geordnet und verzeichnet. Dabei konnten die oben erwähnten 18 Büschel nicht in ihrer bisherigen Zusammensetzung verbleiben. Gewisse Schwierigkeiten bereitete die zeitliche Einordnung von Notizen Weizsäckers, weil diese nicht immer klar als zeitgenössische Aufzeichnungen oder spätere Notizen für geplante Veröffentlichungen zu identifizieren waren. Die Titelaufnahmen sind von November 1985 bis März 1986 von Eberhard Gönner überarbeitet worden, wobei die Korrespondenzen weiter aufgeschlüsselt und Indices angelegt worden sind. Aus Gründen der Übersichtlichkeit sind die "Enthält" und "Darin"-Vermerke sowie die "Betreffe" in der Regel durchnummeriert worden. Den "Enthält" und "Darin"-Vermerken entsprechen im allgemeinen archivalische Einheiten (Schriftstücke oder Unterfaszikel), den "Betreffen" nur ausnahmsweise. Der Bestand umfasst 177 Büschel Akten mit insgesamt 2,6 lfd. m. Stuttgart, im März 1986 Eberhard Gönner
Reichspatentamt
BArch, R 131 · Fonds · (1877-1918) 1919-1945 (1946-1951)
Part of Bundesarchiv (Archivtektonik)

Geschichte des Bestandsbildners: Rechtsgrundlagen Zu Beginn des 19. Jahrhunderts herrschte in Deutschland mit 29 verschiedenen Patentrechten bzw. Privilegienordnungen jeweils territorialer Wirkung eine große Rechtszersplitterung auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes. Dieser Zustand wurde durch das von einer Patentkommission des Reichskanzleramts erarbeitete Patentgesetz vom 25. Mai 1877 (RGBl. S. 501) beendet. Dieses war mehr industrie- als erfinderfreundlich, denn der Erteilungsanspruch stand dem ersten Anmelder, nicht dem Erfinder zu, und Patente konnten gewerblich verwertet werden. Jedermann hatte das Recht auf Einsichtnahme in die Erteilungsunterlagen. Beschreibungen und Zeichnungen wurden von da an amtlich veröffentlicht. Obwohl die Möglichkeit der Lizenzerteilung an Dritte ohne Übertragung des Patentrechts vorgesehen war, unterlag der Patentinhaber drei Jahre nach der Erteilung einem indirekten Lizenzzwang. Die gesetzlichen Grundlagen für das Kaiserliche Patentamt bildeten das o.g. Patentgesetz und die Verordnung betreffend die Errichtung, das Verfahren und den Geschäftsgang des Patentamts vom 18. Juni 1877 (RGBl. S. 533). Der Patentschutz war aber noch nicht effektiv genug, und die Zahl der Anmeldungen stieg, so dass schon am 4. April 1891 ein neues Patentgesetz (RGBl. S. 79) erlassen wurde. In erster Linie verstärkte es die Rechte der Patentinhaber. Der Neuheitsbegriff im Sinne des § 2 des Gesetzes wurde eingeschränkt und unter bestimmten Voraussetzungen die Aussetzung der Bekanntmachung ermöglicht. Das Gesetz betreffend den Schutz von Gebrauchsmustern vom 1. Juni 1891 (RGBl. S. 290) war eine Ergänzung des Patentgesetzes und trat ebenso wie dieses am 1. Oktober 1891 in Kraft. Es war notwendig geworden, da das Gesetz betreffend das Urheberrecht an Mustern und Modellen vom 11. Januar 1876 (RGBl. S. 11) nur die sogenannten Geschmacksmuster, jedoch nicht die zur Steigerung der Gebrauchsfähigkeit dienenden Modelle (Gebrauchsmuster) schützte. Eine weitere Vereinheitlichung des gewerblichen Rechtsschutzes brachte das Gesetz zum Schutz der Warenbezeichnungen vom 12. Mai 1894 (RGBl. S. 441). Auf diesem Gebiet hatte es bis 1874 lediglich regionale Zeichenrechte gegeben. Das Gesetz über den Markenschutz vom 30. November 1874 (RGBl. S. 1943) hatte die Zuständigkeit für die Registrierung den Amtsgerichten zugewiesen. Nun oblag auch diese Aufgabe dem Patentamt. Das Gesetz betreffend die Patentanwälte vom 21. Mai 1900 (RGBl. S. 233; neugefasst durch das Patentanwaltsgesetz vom 28. September 1933 (vgl. RGBl. II S. 669) führte eine Liste von berufsmäßigen Vertretern im Verfahren vor dem Patentamt, eine Prüfungskommission und einen Ehrengerichtshof für Patentanwälte ein. Starke Reformbestrebungen seit ca. 1900, die 1913 zu einem Entwurf der Reichsregierung für ein neues Patentgesetz nebst Gebrauchsmustergesetz führten, wurden durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges unterbrochen. Sie wurden ab 1927 wieder aufgenommen, konnten auf Grund der innenpolitischen Verhältnisse aber nicht sofort durchgeführt werden und fanden ihren Abschluss erst in den Gesetzen über den gewerblichen Rechtsschutz vom 5. Mai 1936. Das Patentgesetz vom 5. Mai 1936 (RGBl. II S. 117) brachte hauptsächlich dem Erfinder zugute kommende Änderungen, darunter die Ersetzung des Anmelderprinzips durch das Erfinderprinzip, die Unterstützung mittelloser Erfinder und eine Neuheitsschonfrist. Das Patentrecht sollte das geistige Eigentum des Erfinders schützen. Durch das Gebrauchsmustergesetz vom 5. Mai 1936 (RGBl. II S. 130) wurden das materielle Gebrauchsmusterrecht und das Verfahrensrecht an das Patentgesetz angeglichen. Auch das neue Warenzeichengesetz vom 5. Mai 1936 (RGBl. II S. 134) brachte verschiedene Neuerungen. Im Zweiten Weltkrieg gab es neben der Einführung von Geheimpatenten und eingeschränkten Beschwerdemöglichkeiten auch im Interesse der Rüstungswirtschaft stehende Fortschritte im Arbeitnehmererfinderrecht. Aufgaben des Patentamts Die wesentlichen Aufgaben des Patentamts waren die Erteilung von Patenten und die Entscheidung über die Erklärung der Nichtigkeit bzw. die Zurücknahme von Patenten sowie die Erteilung von Zwangslizenzen. Daraus ergab sich eine Doppelfunktion sowohl als Verwaltungsbehörde als auch als gerichtliche Instanz. Eine Möglichkeit der Berufung gegen Nichtigkeitsbeschlüsse bestand beim Reichsoberhandelsgericht in Leipzig, ab dem 1. Oktober 1879 beim Reichsgericht. Einen besonderen Aufgabenbereich des Reichspatentamts in der Zeit des Zweiten Weltkriegs bildete die Vergeltung von Patenten. Auf der Grundlage des § 26 der Verordnung über die Behandlung feindlichen Vermögens vom 15. Januar 1940 (RGBl I S. 191) erließ der Reichsjustizminister in den folgenden Jahren mehrere Verordnungen über gewerbliche Schutzrechte bzw. Urheberrechte ausländischer Staatsangehöriger. Wurden deutschen Staatsangehörigen oder Unternehmen auf Grund fehlender bilateraler Abkommen oder Verträge auf der Grundlage von Ausnahmegesetzen Beschränkungen in der Nutzung von ausländischen Patenten auferlegt und in der Vergeltung ihrer eigenen Patente durch ausländische Firmen eine gegenüber den Bürgern dieser ausländischen Staaten abweichende Behandlung zuteil, so wurden sie für entstandene finanzielle Schäden durch das Deutsche Reich vergolten. An den in Deutschland wirksamen Schutzrechten ausländischer Staatsangehöriger konnten zur Wahrung allgemeiner Belange Ausübungsrechte an deutsche Firmen erteilt werden. Außerdem bestand die Möglichkeit, Patenterteilungen auszusetzen bzw. Gebrauchsmuster und Warenzeichen einzutragen. Die entsprechenden Anordnungen wurden vom Präsidenten des Reichspatentamts getroffen, gegen dessen Entscheidung keine Beschwerde möglich war. Organisation Zu Beginn seiner Tätigkeit gliederte sich das Patentamt in sechs Anmeldeabteilungen (für Patentanmeldungen) und eine Nichtigkeitsabteilung. Es gab keine eigenen Beschwerdeabteilungen, denn über Beschwerden gegen Beschlüsse einer Anmeldeabteilung entschied jeweils eine der anderen Anmeldeabteilungen. Das Patentgesetz von 1891 schuf erstmals die klare funktionelle Trennung von Anmelde-, Beschwerde- und Nichtigkeitsabteilungen sowie ein Vorprüfverfahren durch Mitglieder der Anmeldeabteilungen. Durch das Gebrauchsmustergesetz von 1891 wurde die Einrichtung einer Anmeldestelle für Gebrauchsmuster notwendig. Jedoch fand das Gebrauchsmusterlöschungsverfahren vor den ordentlichen Gerichten statt. Das Warenzeichengesetz von 1894 führte zur Errichtung von Warenzeichenabteilungen. Am 31. Oktober 1917 wurde das Patentamt aus dem Geschäftsbereich des Reichsamts des Innern ausgegliedert und dem Reichsjustizamt nachgeordnet. Am 24. März 1919 erhielt es die Bezeichnung "Reichspatentamt" (RPA). 1926 wurde beim Reichspatentamt der Große Senat gebildet, der die Entscheidungsbefugnis über grundsätzliche Rechtsfragen erhielt. Die Gesetze über den gewerblichen Rechtsschutz von 1936 bewirkten folgende organisatorische Veränderungen: Im Patentbereich wurden die Anmelde-, Beschwerde- und Nichtigkeitsabteilungen in Senate umbenannt, an deren Spitze Senatspräsidenten standen. Im Warenzeichenbereich gab es fortan Warenzeichenabteilungen und Beschwerdesenate. Im Gebrauchsmusterbereich ging die Zuständigkeit für Gebrauchsmusterlöschungsverfahren von den Zivilgerichten auf das Patentamt über. Daher gab es neben der Gebrauchsmusterstelle, die für Anmeldungen zuständig war, auch Gebrauchsmusterabteilungen, die mit Löschungen befasst waren. Durch eine Verordnung vom 17. Juni 1938 (RGBl. I S. 638) wurden das österreichische Patentamt und der österreichische Patentgerichtshof mit Wirkung vom 1. Juli 1938 übernommen und als Zweigstelle Österreich dem Reichspatentamt angegliedert. Die Zweigstelle wurde allerdings durch Erlass des Reichsjustizministers vom 23. Dezember 1941 (s. "Deutsche Justiz" 1942, S. 13) zum 31. März 1942 wieder aufgelöst (vgl. R 131/587-589, 794-796, 1021-1025). Im April 1945 stellte das Reichspatentamt seine Arbeit ein. Bedingt durch die Folgen des Zweiten Weltkrieges entwickelten sich in beiden deutschen Staaten separate Patentämter, in der Bundesrepublik Deutschland das Deutsche Patentamt (DPA) mit Sitz in München sowie einer Außenstelle in Berlin und in der Deutschen Demokratischen Republik das Amt für Erfindungs- und Patentwesen (AfEP). Personelle Entwicklung im Patentamt Bei der personellen Besetzung des Patentamts unterschied man neben dem Vorsitzenden, der seit der Bekanntmachung vom 26. Oktober 1882 den Titel "Präsident" führte, zwischen ständigen und nicht ständigen Mitgliedern sowie den "sonstigen" Bediensteten (Hilfskräften). Es gab zum einen rechtskundige, d.h. zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst befähigte, zum anderen technische, d.h. in einem Bereich der Technik sachverständige, Mitglieder, die sämtlich in den Anfangsjahren des Patentamts nebenberuflich tätig waren. Im Jahr 1877 beschäftigte das Patentamt insgesamt 39 Personen. Im Zuge des Personalausbaus erhöhte sich zwar die Zahl der Beschäftigten von 39 (1877) auf 172 (1889), jedoch stieg die Mitgliederzahl nur von 22 auf 36. Der Grund dafür war das verstärkte Einstellen technischer Hilfsarbeiter (wissenschaftlicher Hilfskräfte). Als Folge der Neugestaltung durch das Patentgesetz von 1891, welches auch die Berufung der Mitglieder auf Lebenszeit brachte, wuchs der Personalbestand von über 600 (1900) auf annähernd 1.000 Personen (1914) an. Dabei vergrößerte sich die Zahl der Techniker im Vergleich zu den Juristen immer stärker. Im Ersten Weltkrieg wurden vermehrt weibliche Arbeitskräfte als Hilfskräfte eingestellt. Nach dem Krieg erreichte man den Stand von 1914 erst wieder im Jahr 1926 mit rund 1.000 Bediensteten. Ab 1930 setzte eine rasche Vergrößerung des Personalbestands ein, der seine Höchstzahl 1939 mit ca. 1.900 Personen erreichte. Internationale Zusammenarbeit: Auf internationaler Ebene kam es zur ersten Zusammenarbeit anlässlich der "Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums" vom 20. März 1883 (vgl. R 131/1049-1052, 1055). Dieser trat Deutschland allerdings erst mit Wirkung vom 1. März 1903 bei. Seitdem galt die Übereinkunft als innerdeutsches Recht. Ihre wichtigsten Bestimmungen waren die Unionspriorität und die Inländerbehandlung aller Unionsangehörigen. Diese Handhabung galt seit der Revision von 1911 auch für Gebrauchsmuster und Warenzeichen. Von besonderer Bedeutung ist außerdem das "Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Fabrik- und Handelsmarken" vom 14. April 1891 (vgl. R 131/1040, 1077-1081), dem Deutschland 1924 beitrat. Dies führte zur Bildung der Markenstelle für internationale Markenregistrierung beim Reichspatentamt. Bestandsbeschreibung: Bestandsgeschichte Wie andere Dienststellen der Verwaltung auch lagerte das in der Gitschiner Straße 97-103 in Berlin ansässige Reichspatentamt einen großen Teil seiner Unterlagen während des Zweiten Weltkriegs an Ausweichstandorte aus. Ab 1943 gelangten die Geheimsachen, das gesamte Prüfungsmaterial, die Akten der 21 Patentabteilungen sowie fast alle Unterlagen über noch schwebende Patentanmeldungen (ca. 180.000 Patenterteilungsakten der ersten Instanz) nach Schlesien, in ein leerstehendes Zuchthaus in Striegau und in den Ort Jauer. Die Geheimsachen über Patentanmeldungen, geheime Gebrauchsmuster, erteilte und Sonderpatente wurden im Januar 1945 wieder nach Berlin und im Februar 1945 in ein verlassenes Kalibergwerk in Heringen (Werra) gebracht. Dorthin verlegte man auch die Personalakten sowie einen Großteil der Bibliotheksbestände des Reichspatentamts (ca. 300.000 Bände) und das "Index" genannte Patentregister seit 1939 - mit Ausnahme des Buchstaben R, dessen Register in Striegau verblieb. Striegau wurde am 10. Februar 1945 von sowjetischen Truppen besetzt, die das Zuchthaus sprengten. Das gesamte Prüfungsmaterial, die Akten von 18 Patentabteilungen sowie das Patentregister für den Buchstaben R fielen den Flammen zum Opfer. Die nach der Rückeroberung der Stadt durch deutsche Truppen geborgenen Reste verbrachte man nach Heringen. Das Prüfungsmaterial und die Akten der drei restlichen Patentabteilungen, die zuvor in Jauer aufbewahrt worden waren, verlagerte man nach Eger und von dort aus später nach Lichtenfels. Andere Teile, vor allem Bücher und Prüfungsmaterial, flüchtete man im März 1945 von Striegau aus in eine Försterei in Bayerisch-Eisenstein. Diese Unterlagen überdauerten die Wirren der letzten Kriegstage. Das Schicksal der nach Jauer verlagerten Schriftgutbestände ist indes ungewiss. Von den in Berlin verbliebenen Unterlagen, v.a. Patenterteilungsakten der zweiten Instanz, d.h. Beschwerde- und Nichtigkeitsverfahren, sowie Akten über Gebrauchsmuster- und Warenzeichenverfahren, fielen große Teile den Kriegseinwirkungen in den letzten Monaten des Krieges zum Opfer. Durch Bomben zerstört wurden fast sämtliche Warenzeichenakten (ca. 520.000), Unterlagen über die in Deutschland geschützten, international registrierten Marken, fast sämtliche Gebrauchsmusterakten (ca. 160.000) sowie viele Verwaltungsakten. Vollständig zerstört wurden insbesondere die Sachakten der Personalverwaltung. Erhalten blieben vor allem die Patent-, Gebrauchsmuster- und Warenzeichen-Rollen. Von den sowjetischen Truppen wurden nach ihrem Einmarsch in Berlin am 27. Mai 1945 Patentanmeldungen, die sich im Beschwerdeverfahren befanden (ca. 2.787), Akten über erteilte Patente, von denen noch keine gedruckten Patentschriften vorlagen (ca. 150.000), eine Sammlung der deutschen Patentschriften (ca. 14.000 Bände), Teile der Büchereibestände über wichtige technische Probleme, sämtliche Dissertationen sowie ein Teil der Verwaltungsakten beschlagnahmt und teilweise weggeführt. Als nicht wichtig sah man offenbar die noch nicht bearbeiteten ca. 150.000 Patentanmeldungen an, da von diesen nur Durchschläge vorzufinden waren; die Originale waren in Striegau verbrannt. Die nicht von der UdSSR beschlagnahmten Unterlagen blieben in der Dienststelle Berlin, darunter auch Verwaltungsakten über Rechtssachen, das Patentanwaltswesen, Haushalts- und Kassensachen, und wurden später der Außenstelle Berlin des Deutschen Patentamts übergeben. Nicht mehr im laufenden Geschäftsbetrieb benötigte Unterlagen hatte das Reichspatentamt bereits ans Reichsarchiv auf dem Brauhausberg in Potsdam abgegeben. Dieser Schriftgutbestand wurde im April 1945 zerstört, als das Reichsarchiv nach Bombenabwürfen brannte. Nach dem Einmarsch der Westalliierten in Berlin fand sich die dortige Dienststelle des Reichspatentamts im US-amerikanisch besetzten Sektor der Stadt wieder. Von deren noch vorhandenen, unzerstört gebliebenen Unterlagen, darunter vor allem von den Patentanmeldungen, fertigte die amerikanische "Organization Field Information Agency Technical" (FIAT) Mikrofilme, die in die USA gebracht wurden. Das "British Intelligence Objective Sub-Committee" (BIOS) erstellte Auszüge aus den Patentakten, die in 22 Bänden zusammengefasst der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Im Schacht Heringen hatten SD-Angehörige vor der Besetzung durch US-amerikanische Truppen wichtige Patente und Geheimakten (zu 95 Prozent) sowie Personalakten vernichtet. Ein großer Teil der dort verbliebenen Unterlagen, darunter ein Teil noch nicht bearbeiteter geheimer Anmeldungen und die geheime Patentrolle, wie auch der in Lichtenfels und in Bayerisch-Eisenstein sichergestellten Akten, wurde in die USA abtransportiert, unter anderem in das Aktendepot der US Army in Alexandria bei Washington. Das Patentamt erhielt im Juli 1945 die Erlaubnis, seine Tätigkeit wieder aufzunehmen. Als Amt für Bodenforschung wurde es mit Unterstützung der Regierung in Kassel an das Geologische Institut der Universität Marburg verlegt. Seine Akten lagerte man in der Grube Beilstein bei Oberscheld ein. Im Januar 1946 erfolgte die Abtrennung der für die Arbeit im großhessischen Raum benötigten von den die sowjetisch besetzten Gebiete betreffenden Unterlagen. Derart gelangte nach Beilstein das für die Provinzen Schleswig-Holstein, Hannover, Oldenburg, Braunschweig, Westfalen, das Rheinland und Süddeutschland relevante Material. Dem 1949 in München neu eröffneten Deutschen Patentamt übergaben die USA die Bibliothek des Reichspatentamts im Umfang von ca. 350.000 Bänden sowie Fotokopien beschlagnahmter Akten. Das in die USA verbrachte Schriftgut des Reichspatentamts wurde in den 1950er und 60er Jahren in die Bundesrepublik Deutschland zurückgeführt. Größtenteils gelangte das Schriftgut direkt ins Deutsche Patentamt nach München, darunter auch vor der Zerstörung im Schacht Heringen gerettete Personalakten. Die ehemalige Außenstelle des Reichspatentamts in Berlin nahm zu Anfang der 1950er Jahre ihre Arbeit offiziell wieder auf. Diese Treuhandstelle Reichspatentamt - Informationsamt für gewerbliche Schutzrechte wurde 1968 als Dienststelle Berlin in das Deutsche Patentamt übernommen. Die in Alexandria zur Record Group 1016 gehörigen Akten des Reichspatentamts (112 Kartons) wurden 1959 an das Bundesarchiv zurückgegeben, das sie im selben Jahr nach München abgab. Zu den von der Sowjetunion zurückbehaltenen Teilen der Überlieferung des Reichspatentamts gehören 132 Akten, die in den 1960er Jahren von der Geheimen Abteilung des Ministeriums für Landwirtschaft der UdSSR in das sog. "Sonderarchiv" überführt wurden. Diese ausschließlich das Fachgebiet Landwirtschaft betreffenden Akten erstrecken sich über die Laufzeit 1935-1942 und sind in einem russischsprachigen Findbuch erschlossen. Sie befinden sich noch heute in dem zur Aufbewahrung von "Beuteakten" bestimmten Archiv, das heute dem Russländischen Zentralen Staatlichen Militärarchiv untersteht (siehe www.sonderarchiv.de). Generalakten Die Generalakten des Reichspatentamts wurden von den Westalliierten direkt in das Deutsche Patentamt überführt. 1972 gab sie die Dienststelle Berlin des Patentamts an das Bundesarchiv ab (Zugang Nr. I 77/72). Patentanmeldungsakten Bis zum Kriegsende konnten nicht mehr alle Anmeldungen beim Reichspatentamt bearbeitet werden. Die Patentakten aus den Fällen, in denen wegen der Kriegsereignisse in den Jahren 1944-1945 kein Patent mehr erteilt werden konnte und die nicht bekannt gegeben worden waren, wurden zwischen 1945 und 1947 zusammen mit anderen Unterlagen technischer und wissenschaftlicher Art von zunächst militärischen, dann zivilen "Investigating Teams" der Briten und US-Amerikaner beschlagnahmt. Entscheidend für die Auswahl des Materials war das Interesse der britischen und US-amerikanischen Industrie an Fertigungsverfahren der deutschen Kriegswirtschaft. Fachleute beider Seiten arbeiteten anhand der Akten Forschungsberichte, sog. "Reports", über einzelne Firmen oder Produktionssparten sowie kurze Inhaltsbeschreibungen, sog. "Summaries", aus und machten diese der Öffentlichkeit zugänglich. Großbritannien veröffentlichte die "British Intelligence Objectives Sub-Committee Overall Reports" (BIOS) und die USA die "Field Information Agency Technical US Group, Control Council for Germany"-Serie (FIAT). Daneben wurde noch gemeinsam die "Combined Intelligence Objectives Sub-Committee"-Serie (CIOS) herausgegeben. Die Veröffentlichungen erregten ihrerzeit öffentliches Aufsehen. Der sog. Harmsen-Report übte Kritik an der "Ausbeutung" deutscher Patente seitens der USA und Großbritanniens. Auf britischer Seite war zunächst die "German Division" der "Technical Information and Document Unit" (TIDU) beim "Ministry of Economic Warfare" für diese Aktion zuständig. 1946 wurde die TIDU dem "Board of Trade" unterstellt. 1951 kam diese Informations- und Dokumentationsstelle in den Geschäftsbereich des "Department of Scientific and Industrial Research" (DSIR). Bei der Auflösung der TIDU 1957 übertrug man die Verwahrung des deutschen Aktenmaterials der "Lending Library Unit" des DSIR. Infolge Raummangels wurde diese 1961/62 als "National Lending Library for Science and Technology" nach Boston Spa, Yorkshire, verlegt. Die Originale der von den Briten ausgewerteten deutschen Patentakten befinden sich noch heute in Boston Spa. Zu Anfang der 1950er Jahre erwarb das Deutsche Patentamt in München Mikrofilme dieses Aktenbestands. Diese 1.000 Mikrofilmrollen kopierte das Bundesarchiv in den Jahren von 1969 bis 1974 auf Sicherheitsfilm um. Diese Filmduplikate bilden einen eigenen Teilbestand innerhalb von R 131. Sieben einzelne Patentakten gab das Deutsche Patentamt in München 1972 an das Bundesarchiv ab. Im Jahr 1975 wurden 243 sogenannte "Erteilungsakten" des Reichspatentamts mit der Genehmigung des Bundesarchivs in der Dienststelle Berlin des Deutschen Patentamts kassiert. Mehrere Kartons mit Patentanmeldungsunterlagen gelangten nach dem Zweiten Weltkrieg in die DDR, vermutlich in das Zentrale Staatsarchiv der DDR (ZStA) in Potsdam, wo sie zunächst wohl nicht weiter bearbeitet, d.h. auch nicht erschlossen wurden. In Ermangelung entsprechender Dokumentation lässt sich der Zeitpunkt, zu dem diese Unterlagen nach Deutschland kamen, nicht näher bestimmen. Russischsprachige Vermerke auf einzelnen Dokumenten lassen immerhin darauf schließen, dass diese Unterlagen 1945 von den sowjetischen Besatzungstruppen beschlagnahmt und von Fachleuten gesichtet, vermutlich auch ausgewertet wurden. Ob sie im Zuge der sowjetischen Aktenrückgaben in den 1950er Jahren oder zu einem anderen Zeitpunkt nach Deutschland zurückkehrten, ließ sich bisher leider genauso wenig feststellen. Nach der Integration der zentralen Archive der DDR ins Bundesarchiv 1990 wurden diese Unterlagen jedenfalls in die neue Außenstelle des Archivs in Hoppegarten umgelagert. Dort blieben sie bis 2010, als das Archiv Aufräumarbeiten durchführte, weitgehend unbeachtet. Vergeltungsakten Eine wenig umfangreiche Überlieferung an Vergeltungsakten (ca. 420 AE) gelangte im April 1973 durch eine Abgabe (Zugang I 26/73) der Dienststelle Berlin des Deutschen Patentamts ins Bundesarchiv. Personalakten Das Deutsche Patentamt gab im Jahr 1980 aus seiner Dienststelle in München Personalakten von Beamten des Reichspatentamts ab, die nach dem Krieg noch weiterbeschäftigt worden waren. Die in München gelagerten Akten waren infolge eines Brandschadens bei der zu Kriegsende erfolgten Auslagerung, von wenigen Ausnahmen abgesehen, zu großen Teilen angesengt bzw. vollständig verbrannt. Die Dienststelle München gab im selben Jahr 1980 ferner "Personalakten verschiedener Behörden und Gerichte über Personen, deren Zugehörigkeit zum ehemaligen Kaiserlichen Patentamt/Reichspatentamt nicht festgestellt werden konnte", ab. Aus seiner Dienststelle in Berlin gab das Deutsche Patentamt 1980 in dreizehn Kartons 859 Personalakten von Angehörigen des Kaiserlichen bzw. des Reichspatentamts ab. Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) als vorgesetzte Dienststelle des Bundespatentamts reichte 1980 im Nachgang eine weitere Archivalieneinheit nach (R 131/2720). Aus den für archivwürdig befundenen Akten wurde im Bundesarchiv der Teilbestand "R 131 - Personalakten" gebildet (Signaturen: R 131/1698-2720). 1981 gab das BMJ weitere 29 Personalakten des Reichspatentamts ab, die dem Bestand beigefügt wurden (R 131/2730-2758). 1995 wurden dem Bundesarchiv vom Deutschen Patentamt, München, 94 Personalakten jüdischer Patentanwälte übergeben (R 131/2760-2853). Im März 2004 gab das Bundespatentamt sechs Kartons mit 325 Personalakten von Patentanwälten an das Bundesarchiv ab. Im April desselben Jahres folgten weitere 194 Akten, im Juli drei weitere Kartons. Spätere Nachlieferungen sind nicht im Einzelnen dokumentiert, auch fehlen weitere Abgabeverzeichnisse oder namentliche Auflistungen. Insgesamt handelt es sich um ca. 19 lfm (38 große Umzugskartons). Aus dem Bestand 30.12 (Reichsjustizprüfungsamt) des Zentralen Staatsarchivs der DDR in Potsdam wurden 0,57 lfm (3 Archivkartons) mit Fragmenten von Personalakten in den Bestand übernommen (Altsignaturen: 30.12/2296-2895). Diese Unterlagen sind noch unbearbeitet wie auch weitere 0,14 lfm (ein Archivkarton) an Fragmenten von Personalunterlagen unbekannter Herkunft. Archivische Bewertung und Bearbeitung Das Schriftgut des Reichspatentamts bildet im Bundesarchiv den Bestand R 131. Für die unterschiedlichen Überlieferungsteile wurden in den 1980er Jahren zunächst jeweils eigenständige Findmittel angefertigt: R 131 - Generalakten R 131 - Vergeltungsakten R 131 - Patentanmeldungsakten R 131 - Personalakten In späteren Jahren kamen weitere Personal- und Patentanmeldungsakten hinzu. Organisationsunterlagen und Aktenpläne des Reichspatentamts sind nicht vorhanden. Lediglich ein Aktenplan von 1935/36 (vgl. R 131/446) konnte ermittelt werden, der in Anlehnung an den Generalaktenplan des Reichsjustizministeriums nach Haupt- und Untergruppen gegliedert, allem Anschein nach aber nie in Kraft getreten ist. Das Fehlen von Aktenplänen bzw. von entsprechend aufschlussreichen sonstigen Nachweisen über die Registraturführung im Reichspatentamt einerseits und das Vorhandensein zahlreicher Akten ohne Aktenzeichen andererseits lassen definitive Aussagen über die Schriftgutverwaltung der Behörde und eine durchweg induktive Klassifikation nicht zu. Generalakten Die Aktenverwaltung oblag den einzelnen Registraturen des Reichspatentamts. Vermutlich führten diese - nach dem Muster der Justiz - jeweils Generalaktenregister, in welche die dort gebildeten Generalakten eingetragen und anhand derer neue Aktenzeichen für neu anfallende Akten vergeben wurden. Es ist auch zu vermuten, dass in einer der Registraturen oder Organisationseinheiten des Hauses ein "vollständiges" Generalaktenregister geführt worden ist. Die Vergabe von Aktenzeichen erfolgte offenbar nach Aufgabenbereichen, gekennzeichnet durch römische Ziffern, so z.B. "gen. I" für Patentsachen. Auf der Aktenstufe vergab man arabische Ziffern, so z.B. "gen. I, 1". In einigen Fällen erfolgte eine weitere Untergliederung des Aktenstoffs durch Anfügen von Kleinbuchstaben an die Grundnummer, so z.B. "gen. III, 4 - Zeichen" "gen. III, 4 a - Freizeichen" "gen. III, 4 b - Wortzeichen" "gen. III, 4 c - Wappen". Zahlreichen Generalakten sind Rotuli vorgeheftet, in denen die Schriftstücke vorgangsweise nachgewiesen sind. Nach klassischem Muster wurden im Reichspatentamt zu den Generalakten auch abgeleitete Akten in Form von Specialia und Adhibenda angelegt: Die Kennzeichnung erfolgte durch die bekannten Abkürzungen "spec." und "adh.". Die Gliederung des Aktenstoffes in diese Aktenkategorien scheint dem Wortsinn nach fast durchweg logisch durchgeführt worden zu sein. Eine erste Bearbeitung der Generalakten nahmen in den Jahren 1984-1985 Dorothe Günthner und Johannes Ganser vor. Bei der Verzeichnung der Akten wurden nicht nur sämtliche Aktenzeichen aufgenommen worden, sondern auch auf den Aktendeckeln angebrachte Hinweise auf verwandte Aktenzeichen, allerdings nur insoweit, als letztere im Bundesarchiv überliefert sind. Der Umstand, dass die Überlieferung des Schriftguts des Reichspatentamts, darunter auch jenes der Generalakten, nur unvollständig in das Bundesarchiv gelangt ist; ist an der Klassifikation deutlich sichtbar. Die Klassifikation des Bestands konnte nach der vom Reichspatentamt vorgenommenen Gruppierung der Akten nach Aufgabenbereichen (römische Ziffern) und Aktennummern (arabische Ziffern) in aufsteigender Zahlenfolge vorgenommen werden, ausgenommen die ohne Aktenzeichen überlieferten Akten zu den Patentanwälten, die als Gruppe VI angefügt wurden. Die Gesamtklassifikation stellt sich folgendermaßen dar: I Patente II Geschmacks- und Gebrauchsmuster III Warenzeichen IV Angelegenheiten von Hauptbüro/Präsidialabteilung V Gewerblicher Rechtsschutz im Ausland VI Patentanwälte. Die Klassifizierung der Gruppen I-III und V gestaltete sich dank vorgegebener Aktenzeichen bei der Mehrzahl der Akten nach diesem Raster problemlos. Die ohne Aktenzeichen vorliegenden Akten in den Gruppen I-III konnten relativ leicht nach sachlichem Zusammenhang zugeordnet werden. Eine tiefer gestufte Klassifikation erschien nicht erforderlich. In den Gruppen I-III waren die Akten-Nummern ursprünglich wohl so vergeben worden, dass sie den jeweiligen Paragrafen der Patent-, Muster- und Warenzeichengesetze entsprachen. Für diejenigen Akten, die nicht in unmittelbarem Bezug zu Gesetzesparagrafen standen, sind die Aktenzeichen offenbar in fortlaufender nummerischer Abfolge vergeben worden. Die Gruppe IV hebt sich gegenüber den übrigen Gruppen insofern ab, als es sich um den schriftlichen Niederschlag übergreifender Tätigkeiten des Hauptbüros bzw. der Präsidialabteilung handelt: Regelungen zur Handhabung der Bestimmungen des Patent-, Gebrauchs- und Geschmacksmuster- sowie des Warenzeichenrechts einerseits sowie Regelungen des Dienstbetriebs, Geschäftsgangs, Postverkehrs andererseits. Hier ist - auf Grund der unvollständigen Überlieferung der Akten - eine Aktenordnung ähnlich jener der Gruppen I-III nicht erkennbar. Wegen der lückenhaften Überlieferung des Bestands einerseits und fehlender Aktenzeichen andererseits - meist sind nur Spezialia oder Adhibenda vorhanden, während die Generalia fehlen -, wurde bei der Klassifikation zwar die Abfolge der Aktenzeichen beibehalten, aber im Unterschied zu den Gruppen I-III und V eine archivische Klassifikation durchgeführt, die eine feiner gestufte Gliederung notwendig machte. Die Akten der Gruppe V sind vom Reichspatentamt nach einem Länderalfabet angelegt, die Aktenzeichen auch hier in aufsteigender Zahlenfolge vergeben worden. Die Reihung der Akten nach Aktenzeichen wurde bei der Klassifikation lediglich dadurch unterbrochen, dass die Akten betreffend internationale Zusammenschlüsse, Abkommen und Kongresse, die mitten in der Länderserie angesiedelt worden waren, dort herausgenommen und an den Schluss der Aktengruppe gestellt wurden. Angesichts im Laufe der Jahrzehnte geänderter Bezeichnungen einzelner Staatsgebiete (vgl. z.B. Schutzgebiete) ist zur Erleichterung der Benutzung ein geografischer Index gefertigt worden. Die ohne Aktenzeichen überlieferten Akten der Gruppe VI wurden nach Sachkomplexen klassifiziert. Kassiert wurden im Jahr 1995 die in den Generalakten enthaltenen und Auszüge aus Gesetzes- und Veröffentlichungsblättern sowie bedeutungsloser Schriftwechsel - z.B. über die Verlegung von Sitzungen des Reichspatentamts. Das von Dorothe Günthner und Johannes Ganser erarbeitete Findbuch wurde von Frau Schuster geschrieben. Diese Erschließungsdaten wurden nach 2005 retrokonvertiert und können nunmehr im Datenbanksystem des Bundesarchivs (BASYS) über das Recherchesystem INVENIO abgerufen werden. Vergeltungsakten Dorothe Günthner und Johannes Ganser bearbeiteten im April 1984 den ersten Teil der Überlieferung. Von den ursprünglich 376 Bänden (ca. 1,5 Gefach) des ersten Überlieferungsteils wurden 75 Bände als archivwürdig bewertet (R 131/10001-10076). Kassiert wurden insbesondere diejenigen Akten, die aus rein formalen Gründen abgelehnte Anträge nach der Verordnung über die Behandlung feindlichen Vermögens vom 15. Januar 1940 (RGBl I S.191) zum Gegenstand haben. Bei Aktengruppen, welche die Bearbeitung von Anträgen einer bestimmten Firma auf die Nutzung von mehreren Patentrechten dokumentieren, die eine andere Firma innehatte, wurde, da ursprünglich für jedes Patent ein einzelner Band angelegt worden war, jeweils nur ein Beispielband aufgehoben. Im 1984 entstandenen Findbuch erschlossen wurden der Name des Antragstellers, des Schutzrechtinhabers, die Laufzeit sowie die alten Vergeltungsaktenzeichen. Auf die Nennung der einzelnen Schutzrechtinhalte wurde verzichtet, da sie hinter dem Aspekt der kriegswirtschaftlichen Maßnahmen des Deutschen Reiches in heutiger Bewertung zurück stehen. Die vorgegebene Gliederung in Akten über erteilte und nicht erteilte Ausübungsrechte wurde beibehalten. Diese beiden Gruppen waren wiederum unterteilt in Patente, Gebrauchsmuster, Warenzeichen, Urheberrechte und Patente in einzelnen eingegliederten Gebieten. In der zweiten Jahreshälfte 2008 wurde der Bestand einer Revision unterzogen, da Unstimmigkeiten im Signaturensystem aufgetaucht waren. 270 Archivalieneinheiten, die bei Bestandsbereinigungen aufgefunden worden waren, wurden neu verzeichnet (R 131/10077-10346). Der gesamte Überlieferungsteil "Vergeltungsakten", der nun insgesamt 345 AE umfasst, wurde eingemappt und vollständig neu signiert. Kassationen wurden nicht vorgenommen. Die Erschließung folgte den Vorgaben des Findbuchs von 1984. Erfasst wurden entsprechend die Namen der Antragsteller, der Schutzrechtinhaber, die Laufzeiten sowie die Aktenzeichen der Vergeltungspatente. Die Verzeichnungsdaten zum ersten Überlieferungsteil wurden per Retrokonversion in die Datenbank des Bundesarchivs (BASYS) übertragen. Bei der Integration der neu hinzugekommenen Unterlagen konnte das bereits vorgegebene Klassifikationsschema beibehalten werden. Das nun vorliegende, von Karl-Heinz Eggert und Sabine Dumschat bearbeitete Findbuch ist auch online recherchierbar. Patentanmeldungsakten Patent- und Gebrauchsmusteranmeldungen wurden im Reichspatentamt bestimmten Klassen zugeordnet. Zu diesem Zweck bestand dort eine nach gewerblichen und industriellen Spezialfachgebieten gegliederte Patentklasseneinteilung. Sie diente als Grundlage für die Bearbeitung der Anmeldungen. Der wichtigste Grundsatz für die Bestimmung der Klassenzugehörigkeit einer Anmeldung war deren Zuweisung in dasjenige Spezialfachgebiet, in dem die Erfindung lag. Zur Feststellung der Erfindung musste der Prüfer alle eingereichten Unterlagen, d.h. Beschreibung, Zeichnung, Ansprüche, heranziehen. Falls mehrere Spezialgebiete vorlagen, fiel die Entscheidung auf die am wichtigsten erscheinende Klasse. Zu den Mikrofilmen jener Akten, die sich bis heute in britischem Gewahrsam, in der "National Lending Library for Science and Technology" in Boston Spa befinden, erstellte 1984 Johannes Ganser ein Findbuch, das im Benutzersaal des Bundesarchivs für Recherchen zur Verfügung steht. Die Grundlage der Gliederung des Teilbestands bildet die beim Reichspatentamt praktizierte Patentklasseneinteilung. Diese war für die Briten bei der Verfilmung der Akten indes nicht der entscheidende Klassifikationsmaßstab. Anmeldungen zu einer bestimmten Klasse können somit auf mehreren Filmen zu finden sein; auf jedem Film sind vice versa Unterlagen zu mehreren Patentklassen zu erwarten. Bei der Benutzung der Filme ist demnach zunächst von dem in Frage kommenden Spezialfachgebiet gemäß der Patentklasseneinteilung auszugehen. Auf welchen Filmrollen zum entsprechenden Fachgebiet Unterlagen vorhanden sind, ist der 1. Konkordanz im Findbuch zu entnehmen. Die 2. Konkordanz stellt die Verknüpfung zwischen den Rollensignaturen und den Filmsignaturen her. Die über das Zentrale Staatsarchiv der DDR überlieferten Einzelfall-Unterlagen wurden im Zeitraum 2011-2012 bearbeitet. Sie befanden sich zunächst in einem ungeordneten, um nicht zu sagen: chaotischen Zustand. Es ist davon auszugehen, dass der Kontext einstmals organisch gewachsener Einzelvorgänge empfindlich gestört ist. Begleitende Dokumentation irgendwelcher Art konnte nicht ermittelt werden. Die Unterlagen waren stoßweise in Papier eingeschlagen und mit Paketband verknotet. Diese Bündel wurden geöffnet, die Unterlagen vollständig durchsortiert. Da kein Überlieferungskontext, geschweige denn ein System der Aktenbildung zu erkennen war, wurde versucht, vermittels alfabetischer Sortierung nach Patent-Anmeldern Abhilfe zu schaffen. Anschließend wurden 314 Archivalieneinheiten gebildet, neu eingemappt und signiert (R 131/10347-10670). Doppelstücke wurden vernichtet, darüber hinaus jedoch keine Kassationen vorgenommen. Eine Akte (R 131/10502) wurde an das Bergbauarchiv im Deutschen Bergbau-Museum, Bochum, abgegeben. Ein "Nachtrag zur Nummernliste" für das Jahr 1933 ist nunmehr in der Dienstbibliothek des Bundesarchivs zugänglich (Signatur: ZB 24128). Sowohl die Klassifikation des Bestands als auch die Erschließungsparameter orientieren sich an dem Muster, welches das Findbuch für die Vergeltungsakten aus dem Jahr 1984 vorgegeben hat. Unterschieden wurden die Anmeldung von Patenten und Gebrauchsmustern, ungültige Patente und Hilfsmittel in Form von Unterlagen, welche die Zulassungen ausländischer Patentämter dokumentieren. Unterschieden wurde nach Anmeldern, die im Deutschen Reich ansässig waren, und solchen, die vom Ausland aus ihre Ansprüche geltend zu machen versuchten. Bei letzteren handelt es sich unter anderem um Dependancen deutscher Konzerne im Ausland. Im Einzelnen erfasst wurden bei der Erschließung jeweils: Namen der anmeldenden Firmen oder privaten Antragsteller bzw. der Patentinhaber, schlagwortartig der Patentanspruch, d.h. der Gegenstand des Patents respektive das zu schützende Verfahren, das Aktenzeichen des Reichspatentamts, gegebenenfalls auch die zugeteilte Patentnummer sowie die Laufzeiten der Akten. Das nun vorliegende, von Karl-Heinz Eggert und Sabine Dumschat bearbeitete Findbuch ist auch online recherchierbar. Personalakten Von den vom Deutschen Patentamt 1980 aus seiner Dienststelle in München abgegebenen Personalakten von Beamten des Reichspatentamts, die nach dem Krieg noch weiterbeschäftigt worden waren, wurden nur zwei als archivwürdig angesehen. Der Rest wurde kassiert. Die in den Bestand R 131 integrierten Akten sind vorläufig personenbezogen erschlossen (sog. "Anlage 2"). Bei allen im selben Jahr 1980 abgegebenen "Personalakten verschiedener Behörden und Gerichte über Personen, deren Zugehörigkeit zum ehemaligen Kaiserlichen Patentamt/Reichspatentamt nicht festgestellt werden konnte", handelte es sich bei näherer Prüfung um Vorakten des Reichspatentamts. Die Mehrzahl der Akten wurde für kassabel befunden (untergeordnetes Büropersonal). Lediglich 14 Akten wurden in den Bestand übernommen: R 131/1737, 1754, 1787, 1804, 1942-1943, 1996, 2609, 2000, 2000 a, 2000 b und 2721-2723. Sie sind in einem Vorläufigen Verzeichnis personenbezogen erfasst (sog. "Anlage 3"). Mit den aus seiner Dienststelle in Berlin 1980 in 13 Kartons übergebenen 859 Personalakten von Angehörigen des Kaiserlichen bzw. des Reichspatentamts lieferte das Deutsche Patentamt ebenfalls ein Vorläufiges Verzeichnis mit namentlicher Auflistung (sog. "Anlage 4") ab. Abgesehen von den Akten R 131/2724, 2725 und 2726 waren diese Unterlagen stark zerstört und kassabel. Zu den "bei der Dienststelle Berlin des Deutschen Patentamts befindlichen Personalakten oder Personalaktenteile[n] über Angehörige des ehemaligen Kaiserlichen Patentamts und des Reichspatentamts" existiert allerdings noch eine zweite, leider undatierte, namentliche Aufstellung mit 875 Einzelpositionen, die sich mit der oben genannten nicht deckt. Eine eindeutige Klärung kann erst die Erschließung aller noch nicht in BASYS erfassten archivwürdigen Personalakten ergeben. Aus den nach der Bewertung verbliebenen Akten wurde im Bundesarchiv der Teilbestand "R 131 - Personalakten" gebildet (Signaturen: R 131/1698-2720). 1981 kamen die vom Bundesministerium der Justiz abgelieferten 29 Personalakten des Reichspatentamts hinzu, zu denen gleichfalls ein Vorläufiges Verzeichnis vorhanden ist (R 131/2730-2758). Eine namentliche Auflistung existiert ebenso zu den 1995 vom Deutschen Patentamt abgegebenen 94 Personalakten jüdischer Patentanwälte (R 131/2760-2853). Von den im Jahre 2004 vom Deutschen Patentamt abgegebenen Personalakten, v.a. von Patentanwälten, liegen bisher lediglich zu 519 namentliche Auflistungen vor. Eine Bewertung der 38 große Umzugskartons umfassenden Ablieferungen steht noch aus. Ebenso müssen die aus dem Bestand 30.12 (Reichsjustizprüfungsamt) des Zentralen Staatsarchivs der DDR in Potsdam aussortierten Fragmente von Personalakten sowie die weiteren 0,14 lfm (ein Archivkarton) Personalunterlagen unbekannter Herkunft noch bearbeitet werden. Inhaltliche Charakterisierung: Inhaltliche Charakterisierung Generalakten Der Generalaktenbestand gibt einen Einblick in die Tätigkeit des Reichspatentamts, der von erheblichem Wert für die Geschichte der Technik und die Entwicklung des Rechtswesens, insbesondere des gewerblichen Rechtsschutzes in Deutschland, sein dürfte. Hervorhebenswert sind die umfangreiche Sammlung von Gesetzen und Verordnungen zum gewerblichen Rechtsschutz im Ausland sowie die Akten aus der Mitarbeit des Reichspatentamts in der Internationalen Union zum Schutz des gewerblichen Eigentums. Diese Mitarbeit hatte auch das Ziel, die internationalen Abkommen mit den deutschen Gesetzen auf diesem Gebiet zu koordinieren. Nach 1945 hatte das Reichspatentamt noch partiell weiter gearbeitet, was die Fortführung einiger Akten bis 1951 erklärt. Überlieferung: (1877-1918) 1919-1945 (1946-1951) (1.171 AE): Patente 1877-1949 (187), Gebrauchs- und Geschmacksmuster 1877-1945 (24), Warenzei‧chen 1894-1945 (65), Patentklasseneinteilung 1882-1944 (9), Abteilungsmitgliedersitzungen und -entscheidungen 1877-1945 (30), Post- und Fernmeldewesen, Auslegestellen 1879-1946 (28), Annahme und Anmeldung 1877-1945 (21), Veröffentlichungen 1878-1949 (47), Zivilgerichtsbarkeit und Rechtsauskünfte 1879-1944 (13), Dienstbetrieb, Aktenführung und Präsidialverfügungen 1877-1948 (76), kriegsbedingte Maßnahmen auf dem Gebiet des ge‧werblichen Rechtsschutzes 1914-1948 (49), Zusammenarbeit mit Ingenieur- und Erfinder‧verbänden 1911-1951 (11), gewerblicher Rechtsschutz im Ausland 1878-1944 (13), ein‧zel‧ne Länder 1877-1944 (425), internationale Zusammenschlüsse, Abkommen und Kongresse 1878-1944 (57), Patentanwaltsgesetz, Patentanwaltskammer 1933-1949 (5), Eintragung und Löschung als Patentanwalt 1900-1948 (34), Ausbildung und Prüfung, Berufsausübung und Ehrengerichtsbarkeit 1900-1950 (41), Patentanwaltswesen im Ausland 1894-1949 (36) Findmittel: Findbuch (1984) und BASYS/INVENIO-Recherche Vergeltungsakten Die 1973 ins Bundesarchiv gelangten Akten dokumentieren die Behandlung von Anträgen einzelner Firmen auf die Erteilung von Ausübungsrechten gemäß der Verordnung über gewerbliche Schutzrechte britischer Staatsangehöriger vom 26. Februar 1940 (RGBl I S. 424), der Verordnung über Urheberrechte britischer Staatsangehöriger vom 1. Juli 1940 (RGBl I S. 947) sowie der Verordnung über gewerbliche Schutzrechte und Urheberrechte von Angehörigen der Vereinigten Staaten von Amerika vom 22. Dezember 1942 (RGBl I S. 737). Die für archivwürdig befundenen Vergeltungsakten besitzen somit einen gewissen Aussagewert über das Verhältnis Deutschlands zu den USA und Großbritannien, wenn auch beschränkt auf den gewerblichen Rechtsschutz während des Zweiten Weltkriegs. Darüber hinaus ist zu erkennen, auf welchen Gebieten Erfindungen als kriegswichtig und als zur Wahrung allgemeiner Belange notwendig angesehen wurden. Die in den Jahren 2008-2010 nacherschlossenen Unterlagen behandeln vor allem deutsche Reichspatente, die Urheberrechte für künstlerische Werke, deutsche Warenzeichen und österreichische Marken. Überlieferung: 1940-1945 (345 AE): Erteilte Ausübungsrechte: deutsche Reichspatente 1940-1945 (4), Patentanmeldungen 1941 (1), österreichische Patente 1940-1944 (1), Patente Protektorat Böhmen und Mähren 1940-1945 (2), deutsche Gebrauchsmuster 1940-1941 (1), deutsche Warenzeichen 1940-1942 (2), Warenzeichen Protektorat Böhmen und Mähren 1941-1942 (1), Urheberrechte für künstlerische Werke 1941-1945 (7); nicht erteilte Ausübungsrechte: deutsche Reichspatente 1940-1945 (175), Patentanmeldungen 1940-1944 (14), deutsche Gebrauchsmuster 1940-1941 (1), deutsche Warenzeichen 1940-1945 (44), österreichische Marken 1940-1945 (19), Urheberrechte für künstlerische Werke 1940-1945 (73) Findmittel: Online-Findbuch Patentanmeldungen a) Auf den Mikrofilmen jener Unterlagen, deren Originale sich bis heute in der "National Lending Library for Science and Technology" in Boston Spa befinden, sind aneinander gereiht einzelne Patentanmeldungen mit den dazugehörigen Erläuterungen zu finden. Sie erstrecken sich über den Zeitraum 1941-1945. Bearbeitungsvermerke oder Schreiben des Reichspatentamts sind selten vorhanden. Lediglich Hinweise auf Druckschriften, die zur Abgrenzung des Anmeldungsgegenstands in Betracht gezogen wurden, tauchen hin und wieder auf. Diese Unterlagen stammen aus Verfahren, die wegen des Kriegsgeschehens nicht zu Ende geführt werden konnten, zu denen keine Patente mehr erteilt wurden. Dennoch geben sie einen Einblick in die Anstrengungen und Errungenschaften deutscher Erfinder und Unternehmen in der Spätphase des Zweiten Weltkriegs. Man erkennt teilweise, welche gewerblichen und industriellen Zweige infolge der kriegsbedingten Probleme zurückgestellt werden mussten. Der technikgeschichtliche Wert der Unterlagen dürfte nicht unerheblich sein. Überlieferung: Patentanmeldeakten 1941-1945 (999 Mikrofilme) Findmittel: Findbuch (1984) b) Die über das Zentrale Staatsarchiv der DDR überlieferten Unterlagen beziehen sich vornehmlich auf Erfindungen, die mit dem Wirtschaftsbereich des Bergbaus zu tun haben. Es handelt sich um in ihrer Struktur gleichförmige Einzelfall-Vorgänge, denen in der Regel allerdings die Anlagen abhanden gekommen sind, die zur Erteilung von Patenten herangezogen werden mussten. Ein Teil dieser Anlagen sind vermutlich die als "Hilfsmittel" verzeichneten fremdsprachigen Unterlagen. Da die registraturmäßige Ordnung dieses Überlieferungsteils vollkommen zerstört vorgefunden wurde und die verbliebenen Unterlagen zu wenige Geschäftsgangsvermerke tragen, war eine Rekonstruktion der ursprünglichen Vorgänge leider nicht möglich. Überlieferung: (1877-1918) 1919-1945 (314 AE): Patentanmeldungen (249): Deutsches Reich 1878-1945 (211), Großbritannien 1883-1942 (6), Belgien 1905-1944 (2), Frankreich 1881-1937 (4), Niederlande 1915-1939 (2), Österreich 1897-1945 (2), Ungarn 1902-1945 (4), USA 1880-1939 (8), andere Länder 1888-1942 (10); Gebrauchsmuster (12): Deutsches Reich 1913-1939 (11), Ausland 1927-1936 (1); ungültige Patente (7): Deutsches Reich 1877-1941 (4), Ausland: Frankreich 1905-1927 (2), andere Länder 1905-1929 (1); Hilfsmittel (46): Großbritannien 1877-1937 (12), Frankreich 1907-1937 (11), USA 1875-1938 (20), andere Länder 1894-1939 (3) Findmittel: Online-Findbuch Personalakten Der Teilbestand umfasst Personalakten von Mitarbeitern des Reichspatentamts sowie von Patentanwälten. Zu letzteren zählen 84 jüdische Anwälte, denen man ihrer Abstammung wegen die Zulassung entzog und die entsprechend 1933 bzw. 1938 aus der im Patentamt geführten Anwaltsliste gelöscht wurden. Überlieferung: (1877-1918) 1919-1945 (1.155 AE), 19,71 lfm unbearbeitet Umfang: Gesamt: ca. 100 lfm und 999 Mikrofilme Generalakten: 44,9 lfm - 1.171 AE (R 131/1-1205) Vergeltungsakten: 3,7 lfm - 345 AE (R 131/10001-10346) Patentanmeldungen: 314 AE (R 131/10347-10670) und 999 Mikrofilmrollen (R 131/EC 3317-EC 4316) Personalakten: 28,11 lfm - 1.155 AE (R 131/1698-2853) 19,71 lfm unbearbeitet "Erteilungsakten": 0,14 lfm unbearbeitet Gesamtlaufzeit des Bestands: (1877-1918) 1919-1945 (1946-1951) Teilbestände: Generalakten: (1877-1918) 1919-1945 (1946-1951) Vergeltungsakten: 1940-1945 Patentanmeldungsakten: Filme 1941-1945 Akten (1877-1918) 1919-1945 Personalakten: (1877-1918) 1919-1945 Erschließungszustand (Überblick): Generalakten: Findbuch (1984) und BASYS/INVENIO-Recherche Patentanmeldungsakten: Findbuch (1984) zu den Filmen, Online-Findbuch zu den Akten Vergeltungsakten: Online-Findbuch Personalakten: Vorläufige Verzeichnisse Hinweis: Online-Findmittel liegen bisher nur zu den Vergeltungs- und den nicht verfilmten Patentanmeldungsakten vor. Erschließungszustand: Erschließungszustand (Überblick): Generalakten: Findbuch (1984) und BASYS/INVENIO-Recherche Patentanmeldungsakten: Findbuch (1984) zu den Filmen, Online-Findbuch zu den Akten Vergeltungsakten: Online-Findbuch Personalakten: Vorläufige Verzeichnisse Hinweis: Online-Findmittel liegen bisher nur zu den Vergeltungs- und den nicht verfilmten Patentanmeldungsakten vor. Zitierweise: BArch, R 131/...

Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, GU 124 · Fonds · 1897-1922 und o. J.
Part of Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik)

Biografie: Wilhelm (III.) Fürst von Urach wurde am 27. September 1897 in Stuttgart als Sohn des Wilhelm (II.) Herzog von Urach Graf von Württemberg und der Amalie Herzogin von Urach Gräfin von Württemberg geb. Herzogin in Bayern geboren. Er besuchte zunächst das Hayersche Knabeninstitut in Stuttgart und ab 1908 das Karlsgymnasium in Stuttgart, wo er im Jahre 1914 das Abitur ablegte . Am 3. August 1914 wurde er zum Feldartillerie-Regiment Nr. 13 König Karl eingezogen . Bereits am 18. August 1914 erfolgte seine Ernennung zum Leutnant. Wilhelm Fürst von Urach diente im Ersten Weltkrieg vor allem im Reserve-Feld-Artillerie-Regiment Nr. 26, im Generalkommando Karpatenkorps (IV. Reserve-Korps) und im württembergischen Reichswehr-Schützen-Regiment 25 und kam u. a in Frankreich, Polen, Flandern, Serbien, in den Karpaten und in der Bukowina zum Einsatz. Am 18. Dezember 1917 wurde er zum Oberleutnant befördert. Bereits im Jahre 1916 hat sich Wilhelm Fürst von Urach - wahrscheinlich auf Wunsch seines Vaters - als Kriegsstudent an der Universität Tübingen im Fach Rechtswissenschaften eingeschrieben . Sein eigentliches Interesse galt jedoch der Technik und den Ingenieurwissenschaften. Daher studierte Wilhelm Fürst von Urach in den Jahren 1919 bis 1922 Maschinenbau an der Technischen Hochschule Stuttgart. Im Jahre 1922 wurde ihm das Ingenieurs-Diplom erteilt . Nach dem Studium arbeitete er bei den Automobilfirmen Steiger in Burgrieden bei Laupheim, Cockerell in München und Bugatti in Molsheim/Elsass. Im Jahre 1927 wechselte er zu Daimler-Benz. Dort war er zunächst in Untertürkheim als Konstrukteur tätig. Ab 1933 gehörte er dem Direktions-Sekretariat an. Im Jahre 1937 wurde er zum Oberingenieur ernannt. Zu seinem Aufgabengebiet gehörte u. a. die Betreuung der Mercedes-Fahrer bei Sportveranstaltungen. Während des Zweiten Weltkrieges hatte er als Industriebevollmächtigter die Verantwortung für die technische Leitung des Renault-Automobilwerkes im besetzten Frankreich. Ab 1945 war Wilhelm Fürst von Urach wieder im Direktions-Sekretariat bei Daimler-Benz tätig. In den Jahren 1946 bis 1950 oblag ihm die PKW-Versuchsleitung Untertürkheim. Im Jahre 1954 erhielt Wilhelm Fürst von Urach die Prokura. Im selben Jahr wurde ihm auch die Leitung des Daimler-Museums übertragen. Gegen den Widerstand seines Vaters heiratete Wilhelm Fürst von Urach am 19. Juni 1928 Elisabeth Theurer. Sie war die Tochter des Richard Theurer, des Generaldirektors der Firmen G. Siegle & Co. und Kast & Ehinger, und der Elisabeth geb. Groß. Aufgrund der Heirat verzichtete Wilhelm Fürst von Urach auf die Nachfolge als (dritter) Herzog und Chef des Hauses Urach und auf den Titel eines Grafen von Württemberg. Der Herzogstitel ging daher nach dem Tod des Wilhelm (II.) Herzog von Urach auf den jüngeren Bruder Fürst Wilhelms, Karl Gero (1899-1981), über. Aus der Ehe mit Elisabeth Theurer gingen die Töchter Elisabeth (geb. 1932) und Maria Christine (1933-1990) hervor. Die promovierte Psychologin Elisabeth Fürstin von Urach war als Leiterin der Dienststelle Erziehungs- und Jugendberatung in Stuttgart tätig. Maria Christina Fürstin von Urach studierte - wie ihr Vater - Maschinenbau und trat nach dem Studium in den Dienst der Firma Daimler-Benz. Dort stieg sie zur Leiterin der Hauptabteilung Organisation und Datenverarbeitung auf. Seit 1978 vertrat sie die leitenden Angestellten im Aufsichtsrat der Daimler-Benz AG. Wilhelm Fürst von Urach starb am 8. August 1957 in München. Er wurde auf dem Waldfriedhof in Stuttgart begraben. Zur Ordnung und Verzeichnung des Bestandes: Der vorliegende Bestand gelangte zusammen mit dem Archiv der Herzöge und Fürsten von Urach als Depositum im Jahre 1987 ins Hauptstaatsarchiv. Dort bildete das Archiv des Hauses Urach innerhalb der Beständegliederung (Tektonik) die GU-Beständeserie. Bei der Neuordnung des Archivs durch Ltd. Wolfgang Schmierer erhielten die Unterlagen zu Wilhelm Fürst von Urach die Signatur GU 124. Der Bestand GU 124 enthält einzelne Unterlagen aus dem Nachlass des Wilhelm Fürst von Urach. Dazu gehören Dokumente aus der Schul- und Studienzeit, dem Kriegsdienst als Offizier im Ersten Weltkrieg, etwas Korrespondenz, ein Testament, das Wilhelm Fürst von Urach im Jahre 1916 als Offizier abgefasst hat, eine Sammlung von Ansichtskarten (u. a. von Schloss Lichtenstein), militärische und sonstige Drucksachen, Kinderzeichnungen und -aquarelle, ein Kinderreim sowie eine Visitenkarte des Wilhelm Fürst von Urach. Während die Gymnasialzeit des Wilhelm Fürst von Urach relativ gut überliefert ist, sind zur Studienzeit außer dem Diplom und der Immatrikulation im Fach Rechtswissenschaften an der Universität Tübingen keine Materialien vorhanden. Auch endet die Überlieferung zur Miliärdienstzeit im Jahre 1916. Die im Bestand enthaltene Korrespondenz ist zudem von geringem Umfang. Über die Tätigkeiten des Wilhelm Fürst von Urach bei der Daimler-Benz AG und bei den oben genannten anderen Automobilfirmen finden sich überhaupt keine Unterlagen im Bestand GU 124. Außerdem fehlen etwa Dokumente zu seiner Eheschließung und zu seinem Verzicht auf den Herzogstitel und die Nachfolge als Chef des Hauses Urach. Der Bestand wurde im August 2004 von dem Unterzeichneten erschlossen. Er umfasst 0,1 lfd. Meter mit 21 Nummern. Stuttgart, im August 2004 Eberhard Merk

Urach, Wilhelm
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, GU 119 · Fonds · 1811, (1816), 1835-1974 und o. J.
Part of Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik)
  1. Biografien: Der Bestand GU 119 umfasst im Wesentlichen Unterlagen aus dem Nachlass der Wiltrud Prinzessin von Bayern verh. Herzogin von Urach. Daneben finden sich in dem Bestand auch Teilnachlässe bzw. Nachlasssplitter von Verwandten der Prinzessin Wiltrud v. a. aus dem Hause Bayern (Wittelsbach). Im Einzelnen handelt es sich dabei v. a. um Nachlassunterlagen der Eltern Prinzessin Wiltruds, Ludwig III. König und Marie Therese Königin von Bayern (geb. Erzherzogin von Österreich-Este Prinzessin Modena), der Tante Wiltruds, Therese Prinzessin von Bayern, und der Großeltern Wiltruds, Luitpold Prinzregent und Auguste Ferdinande Prinzessin von Bayern (geb. Erzherzogin von Österreich-Toskana). Im Folgenden wird auf die Biografien der im Bestand GU 119 vertretenen Persönlichkeiten, von denen Teilnachlässe vorhanden sind, kurz eingegangen. 1.1 Wiltrud Herzogin von Urach (geb. Prinzessin von Bayern) Wiltrud Marie Alix Prinzessin von Bayern wurde am 10. November 1884 in München als zehntes von dreizehn Kindern des Ludwig Prinz von Bayern, des späteren Prinzregenten und Königs Ludwig III. von Bayern, und der Marie Therese Prinzessin von Bayern geb. Erzherzogin von Österreich-Este Prinzessin von Modena, der späteren Königin von Bayern, geboren. Über die Kindheit und Jugend der Prinzessin Wiltrud finden sich nur einzelne Unterlagen in dem vorliegenden Bestand (Unterrubrik 1.1.1), so dass über diese Zeit nur wenige Angaben gemacht werden können. Demnach wurde Prinzessin Wiltrud zusammen mit ihren Geschwistern von Hauslehrern unterrichtet. Um die Erziehung der Kinder kümmerte sich auch die Mutter Prinzessin Marie Therese, die bis zum Regierungsantritt des Prinzen Ludwig kaum repräsentative Aufgaben zu erfüllen hatte. Die Familie des Prinzen Ludwig lebte vor allem auf Schloss Leutstetten in der Nähe des Starnberger Sees. Zu Schloss Leutstetten gehörte ein großes Gut, das zum Privatvermögen des Prinzen Ludwig zählte und das dieser zu einem landwirtschaftlichen Mustergut ausbaute. Später bewohnte Prinz Ludwig mit seiner Familie auch das Palais Wittelsbach in München. Als Prinz Ludwig nach dem Ableben seines Vaters Prinzregent Luitpold im Jahre 1912 die Nachfolge als Prinzregent des Königreiches Bayern antrat, hatten seine Gattin Prinzessin Marie Therese und seine Tochter Prinzessin Wiltrud auch vermehrt Repräsentationsaufgaben zu übernehmen, worüber die im vorliegenden Bestand in der Rubrik 1.5 vorhandenen Materialien Auskunft geben. Während des Ersten Weltkrieges unterstützte Prinzessin Wiltrud ihre Mutter bei deren umfangreichen karitativen Tätigkeiten. Gemeinsam mit ihrer Mutter, ihren Schwestern und deren Hofdamen packte sie Geschenkpakete (sog. "Liebesgaben") für die an der Front befindlichen bayerischen Soldaten, Unteroffiziere und Offiziere, in denen Schinken, Schokolade, Konserven und teilweise auch Wäsche eingepackt wurden (vgl. Unterrubriken 1.9.1 und 1.9.2). Auch Bekannte der königlichen Familie aus Sárvár (Ungarn), wo Königin Marie Therese ein großes Landgut besaß, und aus Sulden (Südtirol), wo die königliche Familie häufig Bergtouren unternahm, kamen in den Genuss dieser Geschenkpakete. Die Empfänger dieser begehrten "Liebesgaben" bedankten sich häufig bei Prinzessin Wiltrud mit Feldpostbriefen, teilweise umfangreichen Berichten vom Kriegsgeschehen und Aufnahmen von der Front und von den besetzten Gebieten. Diese z. T. recht anschaulichen Materialien haben sich in den Unterrubriken 1.9.2 und 1.9.3 des vorliegenden Bestandes erhalten. Außerdem besuchte Prinzessin Wiltrud mit ihrer Mutter Lazarette und Hospitäler und spendete den dort liegenden Soldaten und Offizieren der bayerischen Armee Trost. Schließlich arbeitete Prinzessin Wiltrud auch in der von ihrer Mutter in den Nibelungensälen der Münchner Residenz eingerichteten "Kriegsnähstube" zeitweise mit, in der 600 bis 800 Näherinnen und Strickerinnen tätig waren. Die "Kriegsnähstube" versorgte die ins Feld ziehenden bayerischen Truppen schnell und unbürokratisch mit Wäsche. Als im November 1918 der sozialdemokratische Politiker Kurt Eisner in München die Republik ausrief, verließ die königliche Familie München und zog sich zunächst nach Schloss Wildenwart zurück. Das Ende der Monarchie in Bayern stellte für Prinzessin Wiltrud und für die anderen Angehörigen des Hauses Bayern eine einschneidende Zäsur dar. Prinzessin Wiltrud verlor wie alle Vertreter der deutschen Fürstenhäuser ihre Privilegien. Bis zu Ihrer Heirat wohnte Prinzessin Wiltrud zunächst auf Schloss Wildenwart. Am 25. November 1924 heiratete Wiltrud Prinzessin von Bayern Wilhelm (II.) Herzog von Urach standesamtlich in München. Am folgenden Tag erfolgte die kirchliche Trauung, ebenfalls in München. Die Ehe blieb kinderlos. Nach der Heirat wohnte Herzogin Wiltrud abwechselnd auf Schloss Lichtenstein und im Palais Urach in Stuttgart. Als im Jahre 1928 ihr Gemahl starb, übernahm Herzogin Wiltrud auch die Sorge für die jüngsten Kinder des Wilhelm (II.) Herzog von Urach aus dessen Ehe mit Amalie Herzogin von Urach (geb. Herzogin in Bayern). In den 1930er Jahren zog Herzogin Wiltrud in das ehemalige königliche Jagdhaus nach Oberstdorf um, das ihr aus dem väterlichen Erbe zugefallen war und das sie eigens für diesen Zweck renovieren ließ. Zeitweise weilte Herzogin Wiltrud auch auf Schloss Lichtenstein und auf Schloss Wildenwart. Herzogin Wiltrud zeigte Interesse an Musik, bildender Kunst, Geschichte und Botanik, was an den im vorliegenden Bestand erhaltenen Drucksachen und Materialien zu erkennen ist. Darüber hinaus unternahm sie mehrere Reisen, u. a. eine längere Schiffsreise auf der "Monte Rosa" im Jahre 1935 nach Brasilien, Senegal und Marokko. In den Jahren 1901 bis 1903 bereiste sie mit ihrer Mutter und ihren jüngeren Schwestern den Balkan. Außerdem machte sie mit ihrer Mutter, ihren jüngeren Schwestern und Karl Stephan Erzherzog von Österreich in dieser Zeit eine Schiffsreise auf der Adria, über die sie auch ein Reisetagebuch anfertigte, das auszugsweise in einer Zeitschrift veröffentlicht wurde. Ein Exemplar dieser Zeitschrift findet sich in Bü 719. Auch über einen Ausflug auf den Arlberg (Österreich) schrieb sie Artikel in Zeitschriften (Bü 719). Daneben reiste sie häufig, um ihre Stiefkinder, ihre Geschwister und deren Familien und die übrige Verwandtschaft zu besuchen, worüber nicht zuletzt die umfangreiche Korrespondenz, die sich im vorliegenden Bestand erhalten hat, Auskunft gibt. Neben den bereits erwähnten Reisebeschreibungen veröffentlichte Herzogin Wiltrud auch Gedichte in Zeitschriften und Kalendern unter ihrem Namen (Bü 842). Wie viele Angehörige des Hauses Bayern war Herzogin Wiltrud tiefreligiös und hatte eine streng katholische Erziehung bekommen. Die Herzogin hielt auch engen Kontakt zu katholischen Geistlichen und Nonnen, was sich an der Korrespondenz mit diesen ablesen lässt (v. a. Bü 249 und 250). Nicht zuletzt legen die Mitgliedschaften Herzogin Wiltruds in religiösen Vereinen, Bruderschaften und Kongregationen, die in Bü 731 dokumentiert sind, und die Vielzahl an religiösen Druckschriften und die Materialsammlung in den Unterrubriken 1.11.1 und 1.18.3 Zeugnis von der Religiosität der Herzogin ab. Wiltrud Prinzessin von Bayern starb am 28. März 1975 in Oberstdorf. Sie wurde auf dem Friedhof von Großengstingen bei Reutlingen begraben. 1.2 Therese Prinzessin von Bayern Therese Charlotte Marianne Auguste Prinzessin von Bayern wurde am 12. November 1850 als drittes von vier Kindern und einzige Tochter des Luitpold Prinz von Bayern, des späteren Prinzregenten von Bayern, und der Auguste Ferdinande Prinzessin von Bayern (geb. Erzherzogin von Österreich-Toskana) geboren. Gemeinsam mit ihren Brüdern Ludwig, der später als Prinzregent und König Ludwig III. Bayern regieren sollte, Leopold und Arnulf wurde sie von ihrer Mutter und nicht - wie in Fürstenhäusern damals üblich - von Hauslehrern unterrichtet. Schon früh zeigte sich bei Prinzessin Therese ein außerordentliches Sprachentalent. Als Erwachsene beherrschte sie zwölf Sprachen. Neben ihrem Sprachentalent entwickelte die Prinzessin bereits in jungen Jahren ein großes Interesse an den Naturwissenschaften und an der Geografie und Kultur fremder Länder. Da ihr als Frau ein Studium an der Universität verwehrt blieb, eignete sich Prinzessin Therese ihr umfangreiches naturwissenschaftliches Wissen im Selbststudium an. Die Prinzessin erwarb in den Fächern Geografie, Ethnologie, Botanik und Zoologie - vor allem in der Ornithologie (Vogelkunde) - ein beachtliches Fachwissen. Als junge Frau begann Prinzessin Therese ihre umfangreiche Reisetätigkeit. Zusammen mit ihrem Bruder Prinz Leopold und dessen Gemahlin Gisela Prinzessin von Bayern (geb. Erzherzogin von Österreich) bereiste sie Nordafrika, Spanien, Portugal und Frankreich. Prinzessin Therese reiste fast immer inkognito, häufig unter dem Namen einer "Gräfin Elpen", und mit kleinem Gefolge. Im Jahre 1898 unternahm sie eine mehrmonatige Forschungsreise nach Südamerika, von der sie eine reichhaltige Sammlung an zoologischem, botanischem und ethnologischem Material, darunter beispielsweise über 200 Fischarten, mitbrachte. Diese Sammlungen wurden später testamentarisch der Zoologischen Staatssammlung München und dem Münchner Völkerkundemuseum vermacht. Leider sind die Sammlungen im Zweiten Weltkrieg jedoch fast vollständig zerstört worden. Prinzessin Therese entdeckte auf ihren Reisen auch bisher unbekannte Tierarten, wie den Harnischwels in Kolumbien, einen Bockkäfer in Ecuador und eine Singzirpe auf Trinidad. Auf ihren Reisen nach Südamerika erforschte sie außerdem einige Indianerstämme im Amazonasgebiet, die bis dato in wissenschaftlichen Kreisen Europas noch unbekannt waren. Im Jahre 1893 bereiste Prinzessin Therese Nordamerika, wo sie sich besonders für die Indianer der Plains interessierte. Neben den ethnologischen und zoologischen Studien betrieb die Prinzessin auch botanische Studien auf ihren Reisen. Die dabei von ihr entdeckten Pflanzen fanden mit dem Namenszusatz "theresiae" Eingang in die botanische Fachliteratur. Über ihre zahlreichen Reisen veröffentlichte Prinzessin Therese wissenschaftliche Abhandlungen und Reiseberichte: Im Jahre 1880 erschien der Artikel "Ein Ausflug nach Tunis" über ihre Nordafrika-Reise. Die Erlebnisse ihrer Russland-Reise flossen in die Abhandlung "Reiseeindrücke und Skizzen aus Russland" ein, die 1895 publiziert wurde. Die Eindrücke der Reisen der Prinzessin Therese nach Mittel- und Südamerika wurden in den Publikationen "Über mexikanische Seen", "Meine Reise in den Brasilianischen Tropen", "Über Zweck und Ausgaben meiner 1898 nach Südamerika unternommenen Reise", "Schriften über eine Reise nach Südamerika", "Auf einer Reise in Westindien und Südamerika", "Einige Worte über die Kulturentwicklung im vorspanischen Peru" und "Reisestudien aus dem westlichen Südamerika", die in den Jahren 1895 bis 1908 erschienen, verarbeitet. Über die Pueblo-Indianer schrieb sie 1902 den Aufsatz "Einiges über die Pueblo-Indianer". Ihre ersten Aufsätze über ihre Reisen veröffentlichte Prinzessin Therese noch unter dem Pseudonym "Th von Bayern", um zu verhindern, dass ihr als Frau a priori von den männlichen Fachkreisen die Anerkennung verweigert wird. Außer in den genannten Veröffentlichungen dokumentierte Prinzessin Therese ihre Reisen auch mit Hilfe der damals neu erfundenen Rollfilm-Kamera. Von den Ehrungen, die Prinzessin Therese im Laufe ihres Lebens zuteil wurden, seien hier nur die wichtigsten genannt: Als erste Frau erhielt die Prinzessin am 9. Dezember 1897 den Ehrendoktortitel der Philosophischen Fakultät der Universität München "wegen ihrer durch vortreffliche Bücher bewiesenen ausgezeichneten Kenntnis der Naturwissenschaften" ("propter insignem rerum naturalium scientiam praeclaris libris comprobatam"). Im Jahre 1892 wurde Sie Ehrenmitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und der Geografischen Gesellschaft in München. 1897 wurde Prinzessin Therese korrespondierendes Mitglied der Geografischen Gesellschaft in Lissabon, 1898 Ehrenmitglied der Geografischen Gesellschaft in Wien. 1908 erhielt Prinzessin Therese das österreichisch-ungarische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst. Ein Jahr später wurde ihr der Titel eines "Officier de l’Instruction publique" durch das französische Unterrichtsministerium verliehen. Zur selben Zeit wurde Prinzessin Therese Ehrenmitglied der Société des Américanistes de Paris. Nach dem Ableben ihres Vaters Prinzregent Luitpold gab die Prinzessin die längeren Reisen auf und widmete sich dafür karitativen und sozialen Projekten und Einrichtungen, für die sie das Protektorat übernahm. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges richtete sie in ihrer "Villa Amsee" in Lindau ein Lazarett für Verwundete ein. Bilder dieses Lazaretts sind in Bü 986 und 1166 des vorliegenden Bestandes vorhanden. Prinzessin Therese, die Äbtissin des Damenstifts St. Anna in München war, blieb zeitlebens unverheiratet. Der einschlägigen Fachliteratur zufolge hat sich die Prinzessin in jungen Jahren in ihren Vetter Prinz Otto, den späteren Otto König von Bayern, verliebt, der jedoch an einer Geisteskrankheit litt und deswegen für eine Heirat nicht in Frage kam. Noch in späteren Jahren interessierte sich Prinzessin Therese für das gesundheitliche Befinden ihres Vetters König Otto, wie die in diesem Bestand erhaltene Korrespondenz mit Philipp Freiherr von Redwitz und Georg Freiherr von Stengel, den Hofmarschällen König Ottos, über das gesundheitliche Befinden des Königs beweist (Unterrubrik 2.1.1.2, Bü 1105, 1107 und 1149). Prinzessin Therese starb am 19. September 1925 in München. Sie wurde in der Theatinerkirche in München bestattet. An Prinzessin Therese erinnert in Bayern heute die im Jahre 1997 gegründete "Therese-von-Bayern-Stiftung" zur Förderung von Frauen in der Wissenschaft. Die Stiftung fördert Habilitationen und wissenschaftliche Projekte von jungen Akademikerinnen und vergibt regelmäßig den "Therese-von-Bayern-Preis". Im Jahre 1997 wurde auch eine Fernseh-Dokumentation mit dem Titel "Prinzessin Therese von Bayern - Forscherin, Sammlerin, Weltreisende" über die Prinzessin erstellt. Außerdem wurde im selben Jahr von H. Bußmann und E. Neukum-Fichtner die Publikation ""Ich bleibe ein Wesen eigener Art" - Prinzessin Therese von Bayern. Wissenschaftlerin - Forschungsreisende - Mäzenin (1850-1925)" herausgegeben. 1.3 Ludwig III. König von Bayern Ludwig Prinz von Bayern, der spätere König Ludwig III., wurde am 7. Januar 1845 in München als Sohn des Luitpold Prinz von Bayern, des späteren Prinzregenten, und der Auguste Ferdinande Prinzessin von Bayern (geb. Erzherzogin von Österreich-Toskana) geboren. Prinz Ludwig wurde von Hauslehrern, u. a. von dem Geistlichen Karl Rinecker, erzogen. 1864 bis 1865 studierte der Prinz an der Universität München Philosophie, Geschichte, Rechtswissenschaft, Volkswirtschaftslehre und Kunstgeschichte, ohne jedoch einen Abschluss in den einzelnen Fächern zu erlangen. Im Krieg 1866 diente Ludwig als Oberleutnant und Ordonnanzoffizier seines Vaters Prinz Luitpold. Als Sohn eines nachgeborenen Prinzen hatte Prinz Ludwig zunächst keine Aussicht auf die bayerische Königskrone, da diese an König Ludwig II. und König Otto, die Söhne von Ludwigs Onkel König Maximilian II. und somit Vettern des Prinzen Ludwig sind, überging. Stattdessen bestand aber eine Anwartschaft Ludwigs auf den griechischen Königsthron, weil Ludwigs Onkel Otto König von Griechenland keine Nachkommen hatte. Als aber im Jahre 1862 König Otto aufgrund einer Militärrevolte Griechenland verlassen musste, verlor Ludwig die Aussichten auf den griechischen Königsthron. Am 20. Februar 1868 heiratete Ludwig Prinz von Bayern Marie Therese Erzherzogin von Österreich-Este Prinzessin von Modena in Wien. Aus der Ehe gingen insgesamt dreizehn Kinder hervor, von denen zehn das Erwachsenenalter erreichten. Prinz Ludwig zeigte großes Interesse an der Landwirtschaft, an der Tiermedizin und an der Technik. Im Jahre 1868 wurde er Ehrenpräsident des Zentralkomitees des Landwirtschaftlichen Vereins in Bayern. Das von ihm im Jahre 1875 erworbene Gut Leutstetten am Starnberger See baute Ludwig zu einem landwirtschaftlichen Mustergut aus, was ihm in der Bevölkerung den Spitznamen "Millibauer" eintrug. Schließlich setzte sich Prinz Ludwig für den Ausbau des Rhein-Main-Donau-Kanals und für den bayerischen Kanalverein ein. Politisch betätigte sich Prinz Ludwig in der katholisch-konservativen Patriotenpartei, der späteren Zentrumspartei, für die er bei der Reichstagswahl 1871 erfolglos kandidierte. Außerdem war der Prinz Mitglied des Reichsrats, wo er sich für die bayerischen Belange einsetzte und die Interessen der Einzelstaaten gegenüber dem Reich betonte. Im Reichsrat sprach sich Prinz Ludwig auch für die direkte relative Mehrheitswahl aus, was ihm von Seiten August Bebels großes Lob verschaffte. Bebel meinte, würde in Deutschland der Kaiser vom Volk aus einem der regierenden Fürstenhäuser gewählt werden, dann hätte Prinz Ludwig beste Aussichten Deutscher Kaiser zu werden. Außerdem nahm Ludwig in den Jahren nach 1900 häufig Repräsentationspflichten für seinen Vater Prinzregent Luitpold wahr. Als im Jahre 1912 Prinzregent Luitpold starb, trat Prinz Ludwig im Dezember die Nachfolge als Prinzregent von Bayern an. Gleich zu Beginn der Regentschaft des Prinzen Ludwig kam es in Bayern zu Diskussionen in Bezug auf die Königsfrage. Die Zentrumspartei und der bayerische Ministerpräsident Georg von Hertling sprachen sich für die Umwandlung der Regentschaft in ein Königtum und damit für die Absetzung des wegen Geisteskrankheit unmündigen Königs Otto aus. Nach harten politischen Auseinandersetzungen und einer Verfassungsänderung wurde schließlich Otto König von Bayern für abgesetzt erklärt, und Prinzregent Ludwig konnte am 5. November 1913 als König Ludwig III. den bayerischen Königsthron besteigen. Während des Ersten Weltkriegs war Ludwig III. Oberbefehlshaber der bayerischen Truppen und ab 1915 auch preußischer Generalfeldmarschall, wobei die letztgenannte Funktion ausschließlich auf repräsentative Aufgaben beschränkt war. Zu Beginn des Krieges erhoffte sich Ludwig, die bayerische Pfalz um Teile des Elsass erweitern zu können. Der Kriegsverlauf machte jedoch dieses Vorhaben zunichte. Am 2. November 1918 verkündete Ludwig die Einsetzung eines parlamentarischen Regierungssystems in Bayern. Eine neue Staatsregierung mit Beteiligung der Mehrheits-Sozialdemokraten (MSPD) konnte Ludwig allerdings nicht mehr installieren, da er bereits am 7. November 1918 von dem sozialdemokratischen Politiker Kurt Eisner für abgesetzt erklärt wurde. In der Nacht vom 7. auf den 8. November 1918 floh Ludwig mit seiner schwerkranken Gemahlin und seiner Familie zunächst nach Schloss Wildenwart, da in München seine Sicherheit nicht mehr garantiert werden konnte. Von Schloss Wildenwart begab er sich nach Schloss Anif bei Salzburg, wo er am 13. November in einer Erklärung die Beamten, Offiziere und Soldaten in Bayern von dem Treueeid entband. König Ludwig III. weigerte sich weiterhin, formell abzudanken und auf seine Thronansprüche zu verzichten. Ludwig lebte nach der Einführung der Republik in Bayern zeitweise in Österreich, in Liechtenstein, in der Schweiz und auf Schloss Wildenwart. Auch in Sárvár (Ungarn) hielt sich der König auf, wo er am 18. Oktober 1921 verstarb. Ludwig III. fand zusammen mit seiner Gemahlin Marie Therese Königin von Bayern, die bereits am 3. Februar 1919 verstorben war, im Liebfrauendom zu München seine letzte Ruhestätte. Die Trauerrede bei den Beisetzungsfeierlichkeiten am 5. November 1921 hielt der Erzbischof von München-Freising Kardinal Michael von Faulhaber. Eine gedruckte Fassung der Rede findet sich in Bü 839 des vorliegenden Bestandes; Abbildungen von der Beisetzung sind in Bü 934 und 1170 vorhanden. Ludwigs Herz wurde, der Tradition im bayerischen Königshaus entsprechend, in der Gnadenkapelle zu Altötting beigesetzt (vgl. die Abbildungen in Bü 1087). 1.4 Marie Therese Prinzessin von Bayern (geb. Erzherzogin von Österreich-Este Prinzessin von Modena) Marie (Maria) Therese Henriette Dorothea Erzherzogin von Österreich-Este Prinzessin von Modena wurde am 2. Juli 1849 in Brünn als einziges Kind des Ferdinand Erzherzog von Österreich-Este Prinz von Modena und der Elisabeth Erzherzogin von Österreich-Este Prinzessin von Modena (geb. Erzherzogin von Österreich) geboren. Bereits wenige Monate nach der Geburt Marie Thereses starb ihr Vater am 15. Dezember 1849 in Brünn an Typhus. Marie Thereses Mutter heiratete 1854 Karl Ferdinand Erzherzog von Österreich. Aus dieser Ehe gingen sechs Kinder hervor, von denen vier das Erwachsenenalter erreichten. Im Einzelnen sind dies: Friedrich Erzherzog von Österreich Herzog von Teschen (1856-1936), Karl Stephan Erzherzog von Österreich (1860-1933), kaiserlicher und königlicher Admiral, Eugen Erzherzog von Österreich (1863-1954), Hoch- und Deutschmeister des Deutschen Ordens und kaiserlicher und königlicher Generalfeldmarschall, und die Tochter Maria Christina Erzherzogin von Österreich (1858-1929). Letztere heiratete im Jahre 1879 Alfonso XII. König von Spanien und übernahm nach dem frühen Tod ihres Gemahls in den Jahren 1885 bis 1902 die Regentschaft für ihren noch minderjährigen Sohn Alfonso XIII. König von Spanien. Erzherzogin Marie Therese entstammte dem Haus Österreich-Este, einer Linie des Hauses Österreich, die bis zu deren Einverleibung in das Königreich Italien im Jahre 1859 über die oberitalienischen Herzogtümer Modena und Guastalla herrschte. Marie Therese hatte väterlicherseits über die Häuser Savoyen und Orléans die Thronansprüche der Stuarts auf den englischen Thron geerbt, weshalb sie für die Stuart-Anhänger und Legitimisten als Mary III. die rechtmäßige Königin von Schottland und Mary IV. die legitime Königin von England, Frankreich und Irland war. Natürlich wurden die Thronansprüche Marie Thereses auf die englische, französische, schottische und irische Königswürde von dieser niemals eingefordert. Erzherzogin Marie Therese wurde streng katholisch erzogen und erhielt Unterricht bei Hauslehrern. Bei den Beisetzungsfeierlichkeiten für die jung verstorbene Mathilde Erzherzogin von Österreich im Jahre 1867 lernte sie Ludwig Prinz von Bayern kennen, in den sie sich sofort verliebte. Der Erzherzogin gelang es ihren Wunsch, Prinz Ludwig zu ehelichen, gegen den Widerstand ihrer Familie und v. a. ihres Onkels Franz V. Herzog von Modena Erzherzog von Österreich-Este durchzusetzen. Dieser wollte Marie Therese ursprünglich mit Ferdinand (IV.) Titular-Großherzog von Toskana Erzherzog von Österreich-Toskana, welcher der Sohn des 1859 ins Exil gegangenen Großherzogs Leopold II. von Toskana war und in Österreich und Böhmen im Exil lebte, verheiraten. Die Hochzeit von Erzherzogin Marie Therese und Ludwig Prinz von Bayern fand am 20. Februar 1868 in Wien statt. Aus der Ehe gingen insgesamt dreizehn Kinder hervor, von denen zehn das Erwachsenenalter erreichten. Prinzessin Marie Therese kümmerte sich um die Erziehung ihrer Kinder. Da sie in den ersten Jahren ihrer Ehe kaum Repräsentationspflichten zu erfüllen hatte, blieb ihr dafür genügend Zeit. Prinzessin Marie Therese widmete sich sozial-karitativen Aufgaben. Seit 1889 leitete sie das Bayerische Rote Kreuz. In dieser Funktion besuchte sie auch Henri Dunant, den Gründer des Roten Kreuzes (vgl. Bü 584). Während des Ersten Weltkrieges richtete sie - wie bereits erwähnt - in den Nibelungensälen der Münchner Residenz eine sog. "Kriegsnähstube" ein, welche die an der Front befindlichen Soldaten schnell und unbürokratisch mit Wäsche versorgte. Königin Marie Therese hatte großes Interesse an den Naturwissenschaften. Sie legte in Leutstetten ein sog. Alpinum an, in dem sie die alpine Flora beinahe vollständig zusammenstellte. Außerdem war Prinzessin Marie Therese eine begeisterte Hobby-Künstlerin. Marie Therese Königin von Bayern starb am 3. Februar 1919 auf Schloss Wildenwart. Sie wurde zunächst in der Schlosskapelle auf Schloss Wildenwart bestattet. Nach dem Ableben ihres Gemahls wurden ihre sterblichen Überreste zusammen mit denen ihres Gemahls am 5. November 1921 im Liebfrauendom zu München beigesetzt. 1.5 Luitpold Prinzregent von Bayern Luitpold Prinz von Bayern, der spätere Prinzregent von Bayern, wurde am 12. März 1821 in Würzburg als Sohn des Ludwig Prinz von Bayern, des späteren König Ludwigs I. von Bayern, und der Therese Prinzessin von Bayern (geb. Prinzessin von Sachsen-Hildburghausen), der späteren Königin von Bayern, geboren. Prinz Luitpold wurde von namhaften Persönlichkeiten und Hauslehrern unterrichtet. Zu nennen sind insbesondere der Theologe Georg von Oettl, der Schüler Johann Michael Sailers war und später Bischof von Eichstätt wurde, der Maler Domenico Quaglio, der Naturphilosoph Gotthilf Heinrich von Schubert, der Philosoph George Philipps und der Nationalökonom Friedrich Benedikt von Hermann. Als nachgeborener Prinz bestanden für Prinz Luitpold zunächst keine Aussichten auf den Königsthron. Der Prinz absolvierte ab 1835 eine militärische Laufbahn. Bereits 1848 wurde er zum Generalleutnant befördert. Im Jahre 1856 wurde er zum Kommandeur der 1. Division ernannt. Ab 1861 war Luitpold Feldzeugmeister bei der Armee-Inspektion. Am Krieg 1866 nahm er als Kommandeur der 3. Division teil. In den Jahren nach 1866 wurde ihm die Reorganisation des bayerischen Militärs nach dem Vorbild Preußens übertragen. Im Krieg 1870/71 war der Prinz als Vertreter Bayerns an das Große Hauptquartier abkommandiert. Im Jahre 1876 wurde Prinz Luitpold zum Generalfeldzeugmeister im Range eines Generalfeldmarschalls ernannt. Politisch war Luitpold in den Jahren vor 1866 auf Seiten der Großdeutschen und für eine Annäherung an Österreich. Am 10. Juni 1886 übernahm Prinz Luitpold zunächst die Regentschaft für seinen Neffen Ludwig II. König von Bayern, der für geisteskrank und regierungsunfähig erklärt worden war. Nach dem Tode König Ludwigs übernahm Luitpold die Regentschaft für seinen geisteskranken Neffen Otto König von Bayern, den Bruder König Ludwigs II. Obwohl die Bevölkerung Luitpold gegenüber anfangs reserviert gegenüberstand, gewann der Prinzregent bald die Zuneigung großer Teile des bayerischen Volkes. Prinzregent Luitpold regierte streng konstitutionell. Die Regierungszeit Luitpolds ist von den Zeitgenossen retrospektiv als "Prinzregentenzeit" verklärt worden, die von wirtschaftlichem Aufschwung, einer Verbesserung der Lebenssituation und vor allem einer kulturellen Blüte gekennzeichnet war. Gerade letztere ist untrennbar mit der Prinzregentenzeit verbunden. Unter Luitpolds Regentschaft entwickelte sich München zu einem kulturellen Zentrum in Deutschland. "München leuchtete", schrieb Thomas Mann in seiner Novelle "Gladius Dei". Luitpold Prinzregent von Bayern starb am 12. Dezember 1912 in München. Er wurde in der Theatinerkirche zu München beigesetzt. 1.6 Auguste Ferdinande Prinzessin von Bayern (geb. Erzherzogin von Österreich-Toskana) Auguste Ferdinande Erzherzogin von Österreich-Toskana wurde am 1. April 1825 in Florenz als Tochter des Leopold II. Großherzog von Toskana und der Maria Anna Großherzogin von Toskana (geb. Prinzessin von Sachsen) geboren. Sie heiratete am 15. April 1844 in Florenz Luitpold Prinz von Bayern. Aus der Ehe gingen die Söhne Ludwig, der spätere König Ludwig III., Leopold, der spätere Generalfeldmarschall, und Arnulf, der spätere Generaloberst, und die Forschungsreisende Prinzessin Therese hervor. Die tiefreligiöse Prinzessin Auguste Ferdinande kümmerte sich zusammen mit den Hauslehrern um die streng katholische Erziehung ihrer Kinder. Die Prinzessin Auguste Ferdinande zeigte großes Interesse an den Künsten - sie besaß ein zeichnerisches Talent - und an der Geschichte. Prinzessin Auguste Ferdinande starb am 26. April 1864 in München. Sie wurde in der Theatinerkirche zu München beigesetzt. 2. Zu Inhalt, Ordnung und Verzeichnung des Bestandes: Der Bestand GU 119 umfasst - wie eingangs bereits erwähnt - mehrere Teilnachlässe von Angehörigen des Hauses Bayern. Der mit Abstand größte und umfangreichste Teilnachlass ist der der Wiltrud Herzogin von Urach geb. Prinzessin von Bayern (Rubrik 1). Im Folgenden wird zunächst auf den Inhalt des Nachlasses der Herzogin Wiltrud näher eingegangen. 2.1 Nachlass Wiltrud Herzogin von Urach (geb. Prinzessin von Bayern) Den umfangreichsten Teil innerhalb des Nachlasses der Herzogin Wiltrud im Bestand GU 119 bilden neben den Aufnahmen die Korrespondenzen der Herzogin Wiltrud (Rubrik 1.2). Innerhalb der Korrespondenzen stellen die Briefe von Angehörigen der Verwandtschaft Wiltruds und der ihres Mannes eine wichtige und große Gruppe dar. Am Beginn der Rubrik 1.2 stehen die Briefe von Mitgliedern des Hauses Bayern (Wittelsbach) an Prinzessin Wiltrud (Unterrubrik 1.2.1). Allen voran sind hier die Briefe von ihren Eltern Ludwig III. König und Marie Therese Königin von Bayern zu nennen (Unterrubrik 1.2.1.1.1). Weiter müssen hier die Korrespondenzen mit den Geschwistern Wiltruds und deren Familien erwähnt werden: im Einzelnen sind dies Briefe von Rupprecht Kronprinz von Bayern, von den Prinzen Karl, Franz und Wolfgang von Bayern und von den Prinzessinnen Adelgunde (verh. Fürstin von Hohenzollern), Maria (verh. Herzogin von Kalabrien Prinzessin von Bourbon-Sizilien), Mathilde (verh. Prinzessin von Sachsen-Coburg und Gotha), Hildegard, Helmtrud und Gundelinde (verh. Gräfin von Preysing-Lichtenegg-Moos) von Bayern (Unterrubrik 1.2.1.1.2). Auch Briefe der Gattinnen und Gatten sowie der Kinder der Geschwister finden sich in der Unterrubrik 1.2.1.1.2. Daneben sind auch Briefe der übrigen Vertreter der königlichen Linie (Unterrubrik 1.2.1.1.3) und der herzoglichen Linie des Hauses Bayern (Unterrubrik 1.2.1.2) sowie des mit dem Haus Bayern verwandten Hauses Leuchtenberg (Unterrubrik 1.2.1.3) im Nachlass der Prinzessin Wiltrud zu erwarten. Schließlich gehören in die Unterrubrik 1.2.1 auch die Briefe der Angehörigen des bayerischen Hofstaates (Unterrubrik 1.2.1.4) und der Bediensteten der königlichen Familie in Bayern und in Sárvár (Ungarn) (Unterrubrik 1.2.1.5). Unter den Briefen von Mitgliedern des Hofstaates sind v. a. die Briefe der Bertha Freiin von Wulffen, die Erzieherin und später Hofdame der Prinzessin Wiltrud war, hervorzuheben (Bü 440-447). Zur näheren Verwandtschaft der Prinzessin Wiltrud gehören auch die Mitglieder des Hauses Österreich (Habsburg), mit denen v. a. über Wiltruds Mutter Marie Therese Königin von Bayern, die eine geborene Erzherzogin von Österreich-Este Prinzessin von Modena war, und über Wiltruds Großmutter Auguste Ferdinande Prinzessin von Bayern, die eine geborene Erzherzogin von Österreich-Toskana war, enge verwandtschaftliche Beziehungen bestanden. Nicht zuletzt war das Haus Bayern mit dem Haus Österreich im 19. Jahrhundert auch über die Hochzeit der Elisabeth Herzogin in Bayern mit Kaiser Franz Joseph von Österreich und die eheliche Verbindung von deren Tochter Gisela Erzherzogin von Österreich mit Leopold Prinz von Bayern sowie über die Heirat der Adelgunde Prinzessin von Bayern mit Franz V. Herzog von Modena Erzherzog von Österreich-Este verwandtschaftlich verbunden. Die Briefe von Vertretern des Hauses Österreich finden sich in der Unterrubrik 1.2.2 des vorliegenden Bestandes. Darunter sind Briefe von Angehörigen der Linien Österreich-Ungarn (Unterrubriken 1.2.2.1 und 1.2.2.2), Österreich-Este (Herzogliche Familie von Modena) (Unterrubrik 1.2.2.3) und Österreich-Toskana (Unterrubrik 1.2.2.4) sowie der Mitglieder des Hofstaates des Hauses Österreich (Unterrubrik 1.2.2.5) zusammengefasst. Neben zwei Schreiben der Zita Kaiserin von Österreich Königin von Ungarn (geb. Prinzessin von Bourbon-Parma) (Bü 368) sind die Briefe des Hoch- und Deutschmeisters Eugen Erzherzog von Österreich (Bü 180), des k. u. k. und polnischen Obersts Karl Albrecht Erzherzog von Österreich (Bü 400), des k. u. k. Feldmarschalls Friedrich Erzherzog von Österreich (Bü 390) und der Adelgunde Erzherzogin von Österreich-Este Herzogin von Modena (geb. Prinzessin von Bayern) (Bü 346 und 347) erwähnenswert. Die Korrespondenz der Herzogin mit der Verwandtschaft ihres Gatten Wilhelm (II.) Herzog von Urach findet sich vor allem in Unterrubrik 1.2.3. Neben Briefen ihres Schwagers Karl Fürst von Urach (Unterrubrik 1.2.3.1) sind Briefe der Kinder Herzog Wilhelms (II.) aus der Ehe mit Amalie Herzogin von Urach (geb. Herzogin in Bayern) (Unterrubrik 1.2.3.2) im Nachlass der Prinzessin Wiltrud zu erwarten. Auch die Briefe der Ehegatten und Ehegattinnen der Kinder sowie der Enkel Herzog Wilhelms (II.) sind in der Unterrubrik 1.2.3.2 enthalten. Dagegen finden sich keine Briefe des Gatten Wilhelm (II.) Herzog von Urach an seine Gemahlin Wiltrud im vorliegenden Bestand. Einen umfangreichen Briefwechsel führte Herzogin Wiltrud auch mit den mit dem Haus Urach verwandten Familien Altieri, Enzenberg, Thun-Hohenstein, Vetter von der Lilie, Forni und Bayer von Ehrenberg (Unterrubrik 1.2.3.3). Die verwandtschaftlichen Beziehungen mit diesen Familien kamen über die Eheschließungen der Auguste Eugenie Gräfin von Württemberg (verw. Gräfin von Enzenberg, verh. Gräfin von Thun-Hohenstein) und Mathilde Fürstin von Urach Gräfin von Württemberg (verh. Principessa Altieri), die Halbschwestern Herzog Wilhelms (II.) waren, sowie über die Heirat der Marie Gräfin von Württemberg, die eine Tochter von Wilhelm Herzog von Württemberg und Wilhelmine Prinzessin von Württemberg (geb. Freiin von Tunderfeld-Rhodis) war, mit dem Grafen von Taubenheim zustande. In der Unterrubrik 1.2.3.4 sind Briefe von Bediensteten des Hauses Urach vorhanden. Zu der Verwandtschaft Herzog Wilhelms (II.) gehören auch die Vertreter des Hauses Württemberg (Unterrubrik 1.2.4), darunter u. a. Charlotte Königin von Württemberg (geb. Prinzessin zu Schaumburg-Lippe) (Unterrubrik 1.2.4.1), Albrecht Herzog von Württemberg und Philipp Albrecht Herzog von Württemberg (Unterrubrik 1.2.4.2), Louis II. Fürst von Monaco (Unterrubrik 1.2.5) und Elisabeth Prinzessin von und zu Liechtenstein (geb. Fürstin von Urach) und ihr Gatte Karl Prinz von und zu Liechtenstein (Unterrubrik 1.2.6), von denen jeweils Briefe vorliegen. Außer mit den Angehörigen der bereits erwähnten Fürstenhäuser korrespondierte Prinzessin Wiltrud auch mit den Mitgliedern der übrigen Fürstenhäuser in Deutschland und in Europa (Unterrubriken 1.2.7 und 1.2.8). Zu nennen sind hier vor allem Elisabeth Königin der Belgier (geb. Herzogin in Bayern) (Bü 122), die Großherzoginnen Maria Anna (geb. Infantin von Portugal) und Charlotte von Luxemburg (Bü 247 und 124), Maria Christina Königin von Spanien (geb. Erzherzogin von Österreich) (Bü 243) und Alfonso XIII. König von Spanien (Bü 504). Unter den Vertretern der deutschen regierenden bzw. ehemals regierenden Fürstenhäuser sind hier Friedrich II. Großherzog von Baden (Bü 359), Max Prinz von Sachsen (Bü 366), Professor der katholischen Liturgie und der Sprachen des christlichen Ostens in Fribourg/Üechtland, und Hermine Prinzessin von Preußen (verwitwete Prinzessin von Schönaich-Carolath geb. Prinzessin Reuß) (Bü 106), die zweite Gemahlin Kaiser Wilhelms II., hervorzuheben. Von Kaiser Wilhelm II., den Herzogin Wiltrud in Haus Doorn/Niederlande besuchte, liegt ein Telegramm vor (Bü 319). Auf die Korrespondenz mit den Mitgliedern der Fürstenhäuser folgen die Briefe von Angehörigen der standesherrlichen und gräflichen (Unterrubrik 1.2.9.1), freiherrlichen (Unterrubrik 1.2.9.2) und adeligen Häuser (Unterrubrik 1.2.9.3) in Deutschland und in Österreich. Briefe von Adeligen finden sich auch in den Korrespondenzserien "adelige Bekannte aus Bayern" (Unterrubrik 1.2.9.4) und "adelige und bürgerliche Bekannte aus Württemberg" (Unterrubrik 1.2.11). Die in den beiden Korrespondenzserien vorhandenen Briefe von Adeligen wurden explizit in der jeweiligen Serie belassen und nicht in die Unterrubriken 1.2.9.1 bis 1.2.9.3 eingeordnet, um die von Herzogin Wiltrud vorgenommene Formierung beizubehalten. Unter den Briefen von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens (Unterrubrik 1.2.13) sind besonders in Bü 250 die Briefe der Geistlichen Michael von Faulhaber, Erzbischof von München-Freising, Giovanni Battista Montini, päpstlicher Unterstaatssekretär und später Papst Paul VI., Carl Joseph Leiprecht, Bischof von Rottenburg, Sigismund Felix Freiherr von Ow-Felldorf, Bischof von Passau, und Prälat Konrad Kümmel (Bü 27), Herausgeber des "Katholischen Sonntagsblattes", hervorzuheben. Korrespondenz von Johann Baptista Sproll, Bischof von Rottenburg, findet sich in Bü 38. Bei den Briefen von Schriftstellern sind vor allem die Briefe der Schriftstellerinnen Emmy Giehrl (geb. Aschenbrenner, Pseudonym "Tante Emmy") (Bü 246) und Gertrud Freiin von Le Fort (Bü 68) erwähnenswert. Mit Letzterer pflegte Herzogin Wiltrud auch persönlichen Umgang, da Gertrud Freiin von Le Fort seit 1939 ebenfalls in Oberstdorf lebte. Bei fast allen im vorliegenden Bestand vorhandenen Korrespondenzen handelt es sich um sog. unilaterale Korrespondenzen, das bedeutet, dass lediglich die eingehenden Schreiben der Korrespondenzpartner im Bestand GU 119 zu erwarten sind. Nur vereinzelt finden sich bei diesen Briefpartnern auch Briefkonzepte oder -entwürfe der Herzogin Wiltrud, darunter auch solche von später nicht abgesandten Briefen. Die Gegenüberlieferung, also die Schreiben der Herzogin Wiltrud an die betreffenden Personen, ist dagegen überwiegend in den Nachlässen der Korrespondenzpartner zu suchen. Lediglich einige der Briefe der Prinzessin Wiltrud an ihre Eltern Ludwig III. König und Marie Therese Königin von Bayern sowie an ihre Tante Therese Prinzessin von Bayern werden im Bestand GU 119 in den Teilnachlässen von König Ludwig III. (Rubrik 3), Königin Marie Therese (Rubrik 4) und Prinzessin Therese (Rubrik 2) (Bü 1098, 1099, 1101-1103 und 1112) verwahrt. Die Briefe der Eltern und der Tante Prinzessin Therese an Prinzessin Wiltrud sind dagegen in den Unterrubriken 1.2.1.1.1 und 1.2.1.1.2 im Nachlass der Prinzessin Wiltrud aufgeführt (Bü 344, 345, 350 und 352-354). Betrachtet man die Laufzeit der im vorliegenden Bestand vorhandenen Korrespondenzen Wiltruds, so fällt auf, dass aus der Zeit nach 1960 bis auf wenige Ausnahmen kaum Briefe an Wiltrud enthalten sind. Über die Gründe hierfür und den Verbleib der Korrespondenz aus dieser Zeit können keine Aussagen getroffen werden. Einen interessanten Einblick in die Denkweise des deutschen Adels in der zweiten Hälfte des 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vermitteln die im Bestand GU 119 verwahrten umfangreichen Korrespondenzen der Herzogin Wiltrud (Rubrik 1.2) sowie die nach Umfang wesentlich geringeren Korrespondenzen der Therese Prinzessin von Bayern (Rubrik 2.1), des Ludwig III. König von Bayern (Rubrik 3.1), der Marie Therese Königin von Bayern (Rubrik 4.1) und des Luitpold Prinzregent von Bayern (Rubrik 5.2). Darüber hinaus sind die Korrespondenzen für prosopographische und biografische Forschungen v. a. über den Adel in Deutschland und in Österreich sowie für die Geschichte einzelner deutscher Fürsten- und Adelshäuser von Belang. Neben den umfangreichen Korrespondenzen finden sich auch Materialsammlungen und Unterlagen, die zum Teil Ansätze von Sachakten haben, im vorliegenden Bestand. Das Interesse der Herzogin Wiltrud an der Genealogie des Hauses Grimaldi, der Fürstenfamilie von Monaco, schlägt sich in umfangreichen Materialien zur Geschichte des Hauses Monaco und in der in diesem Zusammenhang geführten Korrespondenz der Herzogin mit Louis II. Fürst von Monaco und den Mitgliedern der Häuser Chabrillan bzw. Lévis-Mirepoix nieder (Bü 520 und 1244). Unterlagen zum Hofleben, zur Hofgesellschaft und zum Protokoll v. a. am bayerischen Königshof, die einen Einblick in den Hof und in die Repräsentationsverpflichtungen des Prinzregenten und späteren Königs Ludwigs III. von Bayern und seiner Familie geben, finden sich in Rubrik 1.5. Dazu gehören insbesondere die Materialien über die offiziellen Besuche Ludwigs in bayerischen Städten und über Staatsbesuche u. a. Kaiser Wilhelms II. in Bayern. Einzelne Dokumente befassen sich auch mit dem württembergischen Königshof und dem Haus Urach. Hier sind etwa die Erinnerungen der Emilie von Sonntag an Florestine Herzogin von Urach (geb. Prinzessin von Monaco) (Bü 144) und an Wilhelm (I.) Herzog von Urach (Bü 356) zu nennen. Dokumente zu Hochzeiten, Geburtstagen, Beerdigungen und anderen Familienfeiern und familiären Ereignissen in den Häusern Bayern und Urach sowie in anderen Fürstenhäusern sind in Rubrik 1.7 vereinigt. Wie bereits erwähnt, bilden die Abbildungen, Aufnahmen und Fotos die neben der Korrespondenz umfangreichste Rubrik (1.16) des Bestandes GU 119. Die größte Unterrubrik stellen dabei die Abbildungen von Personen und Gruppenaufnahmen dar (Unterrubrik 1.16.1). In dieser Unterrubrik sind Bilder von Prinzessin Wiltrud, von ihren Eltern, von ihren Geschwistern und von den übrigen Angehörigen des Hauses Bayern (Unterrubrik 1.16.1.1) sowie von Angehörigen der Häuser Österreich (Unterrubrik 1.16.1.2), Hohenberg (Unterrubrik 1.16.1.2.2), Urach und Württemberg (Unterrubrik 1.16.1.3) vereint. Außerdem finden sich Abbildungen von Vertretern der regierenden bzw. ehemals regierenden Fürstenhäuser in Europa (Unterrubrik 1.16.1.6) und in Deutschland (Unterrubrik 1.16.1.7), von den übrigen Adeligen in Deutschland, in Österreich und im übrigen Europa (Unterrubriken 1.16.1.8 und 1.16.1.9) und von Bürgerlichen (Unterrubrik 1.16.1.10) sowie von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens (Unterrubrik 1.16.1.11). Die Gliederung der Abbildungen folgt dabei im Wesentlichen der Gliederung der Korrespondenz. Bei den Abbildungen von Personen, den Gruppenaufnahmen und den Aufnahmen von Ereignissen werden meist die auf den Aufnahmen abgebildeten Personen im Enthält-Vermerk aufgeführt. Dabei wurden häufig die Angaben auf der Rückseite der Aufnahmen, die zum größeren Teil von Herzogin Wiltrud stammen, übernommen. Eine Überprüfung dieser Angaben war mit Blick auf den damit verbundenen Arbeits- und Zeitaufwand nicht möglich. Auch musste häufig die Identifizierung von Personen auf den Aufnahmen, die auf der Rückseite keine Angaben aufweisen, aus denselben Gründen unterbleiben. Die Unterrubrik 1.16.2 umfasst Abbildungen von Ereignissen. Unter dieser Unterrubrik sind vor allem Aufnahmen von offiziellen Ereignissen, Repräsentationsverpflichtungen (Unterrubrik 1.16.2.1) und Familienfesten sowie familiären Ereignissen (Unterrubrik 1.16.2.2) vereinigt. Die Abbildungen dieser Unterrubriken stellen somit teilweise Ergänzungen zu den in den Unterrubriken 1.5 und 1.7 verwahrten schriftlichen Unterlagen zu Hofleben, Hofgesellschaft, Repräsentationsverpflichtungen des Hauses Bayern sowie Familienfeiern und familiären Ereignissen dar. Daneben sind in der Rubrik 1.16 auch Abbildungen von Reisen der Herzogin Wiltrud, von Orten, Gebäuden und Landschaften, Kunstwerken, Tieren, Schiffen, Zeppelinen usw. vertreten (Unterrubriken 1.16.3 bis 1.16.8). Die in der Rubrik 1.16 aufgeführten umfangreichen Bildsammlungen ergänzen die im Bestand GU 99 (Fotosammlungen- und alben der Herzöge und Fürsten von Urach Grafen von Württemberg) verwahrten Abbildungen und Bildsammlungen, die zum Teil ebenfalls aus dem Besitz der Herzogin Wiltrud stammen bzw. von ihr angelegt wurden. Die Abbildungen in den Beständen GU 99 und GU 119 stellen zusammen mit den in den bereits erwähnten Rubriken 1.5 und 1.7 verwahrten Materialien zum Hofleben, zu den Repräsentationsverpflichtungen des Hauses Bayern und zu Familienfeiern und familiären Ereignissen in den Häusern Bayern, Österreich und Urach eine interessante Quelle zur Geschichte der genannten Häuser dar. Darüber hinaus sind die genannten Bildbestände und die Materialien der Rubriken 1.5 und 1.7 für die Kultur- und Mentalitätsgeschichte und die Alltagsgeschichte des Adels von Bedeutung. Unterlagen zu Herzogin Wiltrud sind - wie bereits angedeutet - im Bestand Fotoalben und -sammlungen der Herzöge und Fürsten von Urach Grafen von Württemberg (Bestand GU 99) sowie in den Beständen GU 117 (Wilhelm (II.) Herzog von Urach) und GU 120 (Karl Fürst von Urach) zu erwarten. 2.2 Teilnachlass Prinzessin Therese von Bayern Wie eingangs bereits erwähnt, finden sich im Bestand GU 119 außer Unterlagen aus dem Nachlass der Wiltrud Herzogin von Urach (geb. Prinzessin von Bayern) auch Teilnachlässe und Nachlasssplitter von anderen Angehörigen des Hauses Bayern. Der umfangreichste Teilnachlass, der zum vorliegenden Bestand gehört, ist der der Forschungsreisenden Therese Prinzessin von Bayern (1850-1925), der in Rubrik 2 erschlossen ist. Dabei handelt es sich um Unterlagen aus dem Nachlass der Prinzessin Therese, die an ihre Nichte Herzogin Wiltrud übergegangen sind. Die im Bestand GU 119 verwahrten Materialien wurden - wie aus Bü 297 hervorgeht - von Oberarchivrat Franz Xaver Deybeck vom Bayerischen Hauptstaatsarchiv München an Herzogin Wiltrud übergeben, da sie für eine Verwahrung in der Abteilung Geheimes Hausarchiv des Bayerischen Hauptstaatsarchivs, in der der größere Teil des schriftlichen Nachlasses der Prinzessin Therese verwahrt wird, nicht in Frage kamen. Deybeck hielt einige der Unterlagen aus dem Nachlass der Prinzessin für "Makulatur", nur von "persönlichem Wert und Bedeutung" und damit für das "Hausarchiv ohne Wert", wie einige der Aufschriften Deybecks auf den entsprechenden Umschlägen verraten. Sie "eignen sich daher nicht für die Abgabe an das Hausarchiv", so Deybeck (Bü 1104 und 1140). Die Gliederung des Teilnachlasses der Prinzessin Therese orientiert sich im Wesentlichen an der Gliederung des Nachlasses der Herzogin Wiltrud. In der Unterrubrik 2.1 Korrespondenz finden sich vor allem Briefe von Verwandten aus den Häusern Bayern (Unterrubrik 2.1.1), Österreich, Österreich-Este und Österreich-Toskana (Unterrubrik 2.1.2). Darunter sind Briefe von Marie Therese Königin von Bayern (geb. Erzherzogin von Österreich-Este Prinzessin von Modena) (Bü 1110, 1112, 1120-1122), Adelgunde Erzherzogin von Österreich-Este Herzogin von Modena (geb. Prinzessin von Bayern) (Bü 1131), Elisabeth Erzherzogin von Österreich (verwitwete Erzherzogin von Österreich-Este) (Bü 1123 und 1124) sowie von Eugen Erzherzog von Österreich, Hoch- und Deutschmeister des Deutschen Ordens und Feldmarschall, Karl Stephan Erzherzog von Österreich, Stephanie Kronprinzessin von Österreich (geb. Prinzessin von Belgien und später verheiratete Fürstin Lónyay von Nagy-Lónya) (alle Bü 1135). Prinzessin Therese korrespondierte außerdem mit Angehörigen der Häuser Württemberg und Urach. Zu nennen sind hier u. a. die Königinnen Pauline, Olga (geb. Großfürstin von Russland) und Charlotte (geb. Prinzessin zu Schaumburg-Lippe) von Württemberg (alle Bü 1113), Florestine Herzogin von Urach (geb. Prinzessin von Württemberg), Wilhelm (II.) Herzog von Urach und Eugenie Gräfin von Württemberg (alle Bü 1114) sowie Auguste Eugenie Gräfin von Thun-Hohenstein (verwitwete Gräfin von Enzenberg geb. Gräfin von Württemberg) (Bü 1116) und Donna Mathilde Principessa Altieri (geb. Fürstin von Urach Gräfin von Württemberg) (Bü 1115). Von den Briefpartnern unter den Vertretern der übrigen regierenden und ehemals regierenden Fürstenhäuser in Deutschland und in Europa sind hier Carola Königin von Sachsen (geb. Prinzessin Wasa) (Bü 1104), Maria Christina Königin von Spanien (geb. Erzherzogin von Österreich) (Bü 1125) sowie Elisabeth Königin der Belgier (geb. Herzogin in Bayern) und Josephine Königin von Schweden und Norwegen (geb. Prinzessin von Leuchtenberg) (beide Bü 1136) hervorzuheben. Außerdem sind zwei Briefe der Schriftstellerin, Pazifistin und Friedensnobelpreisträgerin Bertha Freifrau von Suttner (geb. Gräfin Kinsky von Chinic und Tettau) (Bü 1152) im Teilnachlass Prinzessin Therese vorhanden. Die Aufnahmen bilden auch im Teilnachlass Therese Prinzessin von Bayern die nach der Korrespondenz umfangreichste Rubrik. Erwähnenswert sind vor allem die Abbildungen von Therese Prinzessin von Bayern (Unterrubrik 2.7.1.1) und von anderen Angehörigen des Hauses Bayern (Unterrubrik 2.7.1.2). 2.3 Sonstige Teilnachlässe und Nachlasssplitter v. a. von Vertretern des Hauses Bayern Rubrik 3 vereinigt Unterlagen aus dem Nachlass des Ludwig III. König von Bayern. Darin finden sich u. a. Briefe der Prinzessinnen Wiltrud und Hildegard an ihren Vater König Ludwig III. (Bü 1099, 1103 und 1237) und ein Notizblock des Prinzen Ludwig, des späteren Königs Ludwig III., mit Eintragungen zu seinem Militärdienst 1863 (Bü 1092). Daneben enthält der Teilnachlass Ludwigs III. Telegramme der Johanna Freiin von Malsen an König Ludwig III. und an "Gräfin Elpen" (Inkognito der Therese Prinzessin von Bayern), die beide im Exil in Luzern weilten, über die Krankheit und das Ableben der Marie Therese Königin von Bayern 1919 (Bü 1178). Außerdem sind zehn Audienzhefte des Prinzen bzw. Prinzregenten Ludwig aus den Jahren 1902 bis 1913 vorhanden, in denen sich Angaben über die Namen der von dem Prinzen Ludwig in Audienzen empfangenen Personen und über die in den Audienzen besprochenen Themen finden (Bü 1091). Diese Audienzhefte dienten der Prinzessin Wiltrud und ihren Schwestern als Gedächtnisstütze für die Konversation mit den Hofherren, Diplomaten, Ministern und Generälen. Die Audienzhefte stellen eine interessante Quelle über das Hofleben am bayerischen Königshof dar. Der in Rubrik 4 verwahrte Teilnachlass der Marie Therese Königin von Bayern enthält nur Briefe und Postkarten an die Königin. Darunter sind die Briefe der Prinzessin Wiltrud (Bü 1098, 1101 und 1102) und der Therese Prinzessin von Bayern (Bü 1126-1128) von Belang. Die Unterlagen aus dem Teilnachlass des Prinzregenten Luitpold von Bayern, welche die Rubrik 5 bilden, umfassen u. a. die Korrespondenz des Prinzregenten mit seiner Schwester Adelgunde Erzherzogin von Österreich-Este Herzogin von Modena (geb. Prinzessin von Bayern) (Bü 1155), die gedruckte Ansprache des Bischofs Johann Michael Sailer anlässlich der Vermählung des Prinzen Luitpold mit Auguste Ferdinande Erzherzogin von Österreich-Toskana (Bü 1095) und Gedichte des Prinzen Luitpold mit Widmungen u. a. an Olga Großfürstin von Russland (verh. Königin von Württemberg), Marie Prinzessin von Sachsen-Altenburg (verh. Königin von Hannover) und Alexandra Prinzessin von Sachsen-Altenburg (verh. Großfürstin von Russland) (Bü 1093). Im Teilnachlass Auguste Ferdinande Prinzessin von Bayern (geb. Erzherzogin von Österreich-Toskana) (Rubrik 6) finden sich u. a. neben einem Brief ihres Vaters Großherzog Leopold II. von Toskana (Bü 1194) an Auguste Ferdinande und Briefen Auguste Ferdinandes an ihre Hofdame Natalie Gräfin von Rotenhan (Bü 1148) das Fragment eines Tagebuchs in italienischer Sprache (Bü 1188), Abschriften von literarischen Texten (Unterrubrik 6.3) und Drucksachen religiöser Art (Unterrubrik 6.5). Rubrik 7 vereint Nachlasssplitter von Hildegard Prinzessin von Bayern (Unterrubrik 7.1), Elisabeth Erzherzogin von Österreich (verw. Erzherzogin von Österreich-Este) (Unterrubrik 7.2), Mathilde Erzherzogin von Österreich (Unterrubrik 7.3), Therese Freifrau von Giese (Unterrubrik 7.4) und Gustav Freiherr von Perfall (Unterrubrik 7.5). Erwähnenswert sind hier Briefe der Therese Prinzessin von Bayern an Elisabeth Erzherzogin von Österreich (verw. Erzherzogin von Österreich-Este (Bü 1108), sowie Briefe der Alexandra Prinzessin von Bayern und der Adelgunde Erzherzogin von Österreich-Este Herzogin von Modena (geb. Prinzessin von Bayern) an Mathilde Erzherzogin von Österreich. Mit Ausnahme der Prinzessin Wiltrud verwahrt die Abteilung Geheimes Hausarchiv des Bayerischen Hauptstaatsarchivs München die Hauptnachlässe der in diesem Bestand vertretenen Angehörigen des Hauses Bayern. 2.4 Zur Ordnung und Verzeichnung des Bestandes Der Bestand GU 119 gelangte zusammen mit dem Archiv der Herzöge und Fürsten von Urach Grafen von Württemberg im Jahre 1987 als Depositum ins Hauptstaatsarchiv. Dort bildet das Archiv des Hauses Urach innerhalb der Tektonik (Beständegliederung) die GU-Beständeserie. Bei der Neuordnung des Archivs durch Ltd. Archivdirektor Wolfgang Schmierer erhielten die Unterlagen zu Wiltrud Herzogin von Urach die Signatur GU 119. Da die Archivalien des vorliegenden Bestandes zum größten Teil ungeordnet waren, mussten die Verzeichnungseinheiten sehr häufig neu gebildet werden. Wo es sinnvoll erschien, wurden die vorgefundenen Einheiten, etwa bei den Korrespondenzserien, beibehalten. Im Zuge der Erschließungsarbeiten wurden aus dem Bestand GU 119 zahlreiche Unterlagen ausgegliedert und vor allem den Beständen GU 96 (Vermischtes und Ungeklärtes), GU 117 (Wilhelm (II.) Herzog von Urach), GU 118 (Amalie Herzogin von Urach geb. Herzogin in Bayern), GU 120 (Karl Fürst von Urach), GU 123 (Carola Hilda Fürstin von Urach), GU 128 (Margarethe Fürstin von Urach) und GU 134 (Mechthilde Fürstin von Urach verh. Fürstin zu Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst) zugewiesen. Die im vorliegenden Bestand aufgeführten verheirateten Damen, v. a. des Hochadels, sind in der Regel stets unter dem Ehenamen, d. h. dem Familiennamen des Gemahls, aufgeführt, wobei in der Titelaufnahme in Klammern der Mädchenname genannt wird. In Ausnahmefällen sind die verheirateten Damen auch unter dem Mädchennamen erwähnt, und der Ehenamen steht dann in Klammern. Im Personenindex sind verheiratete Damen unter beiden Namen aufgeführt, unter Hinzufügung des jeweiligen Mädchennamens oder Ehenamens nach der Heirat. Beispielsweise wird Adelgunde Fürstin von Hohenzollern (geb. Prinzessin von Bayern) im Personenindex unter "Hohenzollern, Adelgunde Fürstin von, geb. Prinzessin von Bayern" und unter "Bayern, Adelgunde Prinzessin von, verh. Fürstin von Hohenzollern", erwähnt. Bei den verheirateten Angehörigen der gräflichen, freiherrlichen und adeligen Häuser wurde - sofern dies mit vertretbarem Aufwand und mit Hilfe des Genealogischen Handbuchs des Adels möglich war - der jeweilige Mädchenname oder Ehenamen ermittelt. Wenn der Mädchenname oder Ehenamen bereits in einer Notiz der Herzogin Wiltrud genannt wird, wurde dieser ohne Überprüfung desselben anhand der einschlägigen Literatur übernommen. Da bei bürgerlichen Ehefrauen keine vergleichbare Möglichkeit der Recherche bestand, wurde nur in den Fällen, in denen eine Identifizierung aufgrund von Notizen und Aufschriften der Herzogin Wiltrud möglich war, der jeweilige Mädchenname oder angeheiratete Familiennamen ohne Überprüfung der Angaben der Herzogin Wiltrud übernommen. Die Archivalien des Bestandes GU 119 dürfen nur nach vorheriger Genehmigung des Chefs des Hauses Urach eingesehen werden. Das Findbuch des Bestandes GU 119 wurde im Winter 2007 fertiggestellt. Der Bestand umfasst vor der Verpackung ca. 13 lfd. Meter mit 1247 Nummern. Stuttgart, im November 2007 Eberhard Merk
Urach, Wiltrud Gräfin von Württemberg